Landeshauptstadt: Die Wasserkünste des kurfürstlichen Lustgartens
Vor 290 Jahren wurde der Lustgarten zum Exerzierplatz
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Vor 290 Jahren wurde der Lustgarten zum Exerzierplatz AUS DER STADTGESCHICHTE Von Adolf Kaschube Über den ältesten Garten Potsdams, den Lustgarten, und seine Wandlungen wurde vielfach berichtet. Weniger bekannt sind seine einstigen springenden Wasserfontänen. Deshalb erscheint ein geschichtlicher Rückblick über die kurfürstlichen Wasserspiele von der Entstehung bis zum Verfall angebracht. Bereits im Mittelalter haben die Schlossbesitzer Gartenanlagen angelegt, die vorwiegend Nutzzwecken dienten. Einen ansehnlichen mit Blumenbeeten gestalteten Schlossgarten schuf die Kurfürstin Katharina, die seit 1598 Eigentümerin des Potsdamer Schlosses war. Dafür standen in ihren Diensten ein kurfürstlicher Gärtner und ein Weinmeister. Über die Gartengröße und die Gartengestaltung südlich des erweiterten Schlosses ist wenig bekannt. Erst zu Beginn der Regierungszeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm entstand ein „ausgedehnter Lustgarten“ zwischen Schloss und Havelufer. Baumeister Johann Gregor Memhardt und Lustgärtner Carl Friedrich Werder gestalteten den Garten im französischen Stil. In der Mitte von vier rechteckigen flachen Parterrestücken wurde ein Rundbecken für die Hauptfontäne gebaut. Das Rundbecken bildete mit dem Mittelrisalit des Schlosses und dem Turm der Nikolaikirche eine attraktive architektonische Achse. Der Wasserstrahl der Fontäne erreichte in Abhängigkeit von der Wasserturmhöhe mehr als sechs Meter. Außer der großen Fontäne schmückten noch „allerlei künstliche Fontänenanlagen“, Marmorstatuen und ein Lusthaus im holländischen Stil den Lustgarten. Auch eine Kaskade und kleine Sprünge sollen zur Verschönerung der Gartenanlage beigetragen haben. Bevor die Wasserspiele funktionierten, war zu klären, wie die Wasserzuführung zum Lustgarten erfolgen sollte. Den Auftrag zur Ausarbeitung der Vorschläge für die technische Lösung der Wasserzuführung erhielt 1674 der Mechanikus Martin Drescher aus Königsberg. In dieser Zeit wurden die Wasserspiele im Bornimer Lustgarten erweitert. Die Bearbeitungszeit für Dreschers Wasserkünste dauerte vier Jahre. Dreschers Untersuchungen enthielten drei verschiedene technische Lösungen für die Fontänenanlage. Der erste Vorschlag sah ein Pumpwerk auf dem südlichen Havelufer vor. Eine Zuführungsleitung sollte an der Langen Brücke befestigt und im Bereich der Zugbrücke gedükert werden. Drescher selbst machte geltend, dass die Brücke durch die „vielen Fahrten fortwährend bebe“ und an der Leitung Undichtigkeiten entstehen würden. Dieser mit Unsicherheiten behaftete Vorschlag mit den niedrigsten Baukosten fand keine Zustimmung. Der zweite Vorschlag beinhaltete die Wasserentnahme aus dem Schlossgraben. Der Wasserdruck sollte in „einem verschlossenen Wind in metallenen Gefäßen“ erzeugt werden und mittels Druckleitung die Fontänen betreiben. Das dritte Projekt bezog sich auf die Wasserentnahme aus der Nuthe durch ein „Druckwerk“ am Hakendamm. Die Wasserkraft einer Wassermühle sollte die Pumpe betätigen und das Nuthewasser in einer längeren Rohrleitung dem östlichen Lustgarten zuführen. Wegen der Havelschifffahrt war die Rohrleitung im Bereich der Langen Brücke als „kupferne Wanne“, auch Düker genannt, zu verlegen. Nach Angaben des Archivars Georg Sello betrugen die Baukosten für diese Wasserleitung bestehend aus Pumpwerk und 1400 Meter Druckleitung 1600 Taler. Dieses technisch sichere und aufwändige Projekt fand die Zustimmung des Großen Kurfürsten. Grottmeister eingestellt Die Bauarbeiten für die Wasserzuführung aus der Nuthe wurden am 29. April 1679 erfolgreich beendet, anschließend die Weiterführung des Rohrleitungsstrangs für den Fasanengarten angeordnet. Ob der Rohrleitungsbau durchgeführt wurde, ist nicht überliefert. Der Lustgarten wurde nach Westen erweitert und der Kurfürst „lasse noch immer an seiner Vollkommenheit arbeiten“. Südlich der früheren Orangerie wurden weitere rechteckige Parterrestücke und ein runder Springbrunnen geschaffen. Auch von einer Kaskade wurde durch den Architekten Christoph Pfitzler berichtet. In seinem Tagebuch aus dem Jahre 1695 ist vermerkt, „gegenüber dem Schloss ist ein Bergk, allwo man arbeitete eine Waßercaskade dahin zu machen“. Wahrscheinlich war die Kaskade im Sichtbereich des Weinberges. Auch waren im Schlossinnern kleine Spritzwerke installiert. Im Schlossinnenhof sprudelte eine kunstvolle Kopffontäne. Das Nuthewasser wurde auch für die Bewässerung von Pflanzen und Blumen genutzt. Für die Wasserspiele im Potsdamer und Bornimer Lustgarten stellte der Große Kurfürst Grottmeister ein. Zuständig für die Potsdamer Wasserkunst war von 1679 bis 1688 Grottmeister Drescher. Zwei Jahre nach dem Tod des Großen Kurfürsten fielen die Potsdamer und Bornimer Wasserspiele aus. Daraufhin erhielt der Grottierer Johann Damnitz, aus Bornim von Oberbaurat Nering den Befehl „die Potsdamer und Bornimer Wasserwerke instand zu bringen“. Damnitz konnte mit erhöhten Unkosten und einem Assistenten die „beyden Fontänen“ reparieren. Der Kurfürst Friedrich III. bewilligte dem Grottmeister 250 Taler Jahresgehalt. Von der Lust zum Drill Vergleicht man die Berichte der Potsdamer und Bornimer Wasserspiele in der Literatur, dann waren die Bornimer Wasserkünste im Bekanntheitsgrad vorherrschend. Allein die Wasserorgel war überregional bekannt. Nähere Angaben zu Größe, Funktion und zum Erbauer fehlen. Ein Bericht, den der Grottierer Damnitz 1691 über den Zustand und die Schäden der Grotten zu Bornim und Potsdam angefertigt hatte, ist nicht auffindbar. Die natürlichen Voraussetzungen waren für die Bornimer Wasserspiele sehr günstig, weil sie aus der „Springquelle“ einer gefassten Schichtquelle am Fuße der Zachelsberge gespeist wurden. In Potsdam musste das Wasser mit einer Druckleitung dem Lustgarten zugeführt werden. Auf die von Suchodoletz dargestellte „Waßerkunst“, die sich östlich der Langen Brücke befand, wird hier nicht eingegangen. Der Kurfürst Friedrich III. schätzte wie sein Vater repräsentative Bauten, zu denen auch Lustgärten mit modischen Wasserspielen gehörten. Es ist davon auszugehen, dass die auf der Insel Potsdam geschaffenen Lustgärten nebst Wasserkünsten auch zu Beginn der Königszeit bis zum Todesjahr Friedrich I. Bestand hatten. König Friedrich I. vergrößerte den Lustgarten südlich des Schlosses und ließ für seine Prunkyacht ein Neptunbecken errichten, das Verbindung mit der Havel hatte. Nur acht Jahre ankerte das Schiff in diesem Hafen vor dem Mittelrisalit des Schlosses bis es in die Hände des Zaren Peter I., des Großen, gelangte. Mit Beginn der Regierungszeit Friedrich Wilhelm I. änderten sich die wirtschaftlichen, militärischen und künstlerischen Prioritäten. Der Potsdamer Lustgarten wurde nun zum Exerzier- und Paradeplatz, nur einige Baumalleen blieben stehen. In Bornim wurde das Gut nebst Lustgarten an Langelaers Sohn verpachtet. Die weitbekannten Wasserspiele verfielen und die Blütezeit der kurfürstlichen Lustgärten war nach rund 30 Jahre beendet. Erst mit der Einführung der Technik durch die Dampfmaschine entstanden Pumpwerke, die eine Wiederbelebung der Wasserkünste in den bekannten Potsdamer Parkanlagen bewirkten. 1748 ließ Friedrich der Große im Neptunbecken die vergoldete Skulpturengruppe „Neptuns Triumph“ mit Neptun, Amphitrite und einem Muschelwagen aufstellen. Durch den Bau der Bahnstrecke Potsdam-Magdeburg büßte das Neptunbecken die Verbindung mit der Havel ein. Seit dieser Zeit trägt das Neptunbassin seinen Namen. Von den einstigen Wasserspielen im jetzt Neuen Lustgarten ist nur das längliche Neptunbassin restauriert. Die Neptungruppe aus Sandstein, von der nur Fragmente übrig waren, soll mit Spendenmitteln vollständig wiederhergestellt werden.
Adolf Kaschube
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