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Landeshauptstadt: Die Wegputzer

Zum morgigen Welttag der Toilette: Im Hauptbahnhof sorgt ein neues Unternehmen für saubere WCs

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Um WCs wie in den Bahnhofspassagen wirklich dauerhaft sauber zu halten, müssen auch die unsichtbaren Ecken rein sein: Davon ist Nison Faizulaev überzeugt. Er schätzt, dass rund 2000 Personen täglich die Toiletten im Bahnhof nutzen und so zwangsläufig Spuren hinterlassen. Seit zwei Monaten reinigt die nach ihm benannte Gebäudereinigungsfirma täglich diese WCs. Doch ohne Faizulaev: Diese Zeit liegt hinter ihm. Der Firmengründer lässt von Kaiserslautern aus die Toiletten in mehreren Centern in Deutschland – etwa in Stuttgart – von seinen zumeist ausländischen Angestellten reinigen. Der 27-Jährige sagt: „Ich habe früher genauso begonnen“.

Vor mehr als zehn Jahren wusste Faizulaev wahrscheinlich noch nicht genau, wie Toiletten wirklich sauber wirken können: Denn so meint er, in Deutschland seien „solche Sachen“ wesentlich reiner als in seiner früheren Heimat Turkmenistan in Zentralasien. Besonders ungern erinnert er sich an die WCs seiner Schule. Nähere Details möchte er nicht nennen: „Das können sie sich doch denken.“

Gerade wegen solcher Zustände weltweit – miefige, schmutzige und mit braunen Flecken gespickte Klokabinen – ruft morgen die 2001 in Singapur gegründete Welttoilettenorganisation (WTO) zum inzwischen fünften Welt-Toiletten-Tag auf. Ihr Vorschlag, den 19. November zum regelmäßigen Jahrestag zu machen, ist den Vereinten Nationen vorgelegt. Es gehe laut der Organisation um ein ernstes Problem: Für 40 Prozent der Weltbevölkerung fehlten ausreichend hygienische Sanitäreinrichtungen. Die Organisation hat beispielsweise errechnet, dass täglich 6000 Kinder durch schmutzige WCs oder deren Abwasser erkranken und an Durchfallerkrankungen sterben.

Dass so etwas in seinen Toiletten noch passieren kann, glaubt Faizulaev nicht. Er hat ein Motto: „Wir möchten, dass jeder Kunde nach dem Besuch unserer WCs genauso gesund ist wie zuvor.“ Dafür hat er in Potsdam Mitarbeiter wie Ilya Davydov. Der 30-jährige aus Berlin kommt an diesem Freitag Nachmittag gerade zur nächsten Schicht. Von 6 bis 24 Uhr haben die Toiletten im Bahnhof geöffnet. In den rund 8 Stunden, in denen Davydov arbeitet, muss er vor allem schnell sein: Mindestens einmal pro Stunde den Boden wischen, Spiegel und Waschbecken mit dem Lappen von Flecken befreien – und natürlich die einzelnen Toilettenbecken auf Fäkalienreste untersuchen. „Man muss eben immer schauen“, sagt Davydov, der seit zwei Monaten in diesem Job arbeitet. Er – wie auch die anderen Mitglieder des Bahnhofsteams – sind schweigsam, wenn es um ihre Aufgabe geht. Es scheint, als habe der Beruf als „Raumpfleger“ – die Verniedlichung von „Putzhilfe“ – noch immer einen verschämten Beigeschmack. Und auch die Erfahrung mit der oft eiligen Kundschaft eines Bahnhofs ist wohl nicht immer die Beste: „Das ist “mal so, “mal so, die sind ganz unterschiedlich freundlich“, sagt Davydov.

Sein Chef ist gesprächiger, er hat sich nach oben gearbeitet. „Wichtig ist zum Beispiel, dass der Müll in den Toiletten schnell wegkommt – etwa Binden oder Ähnliches.“ Faizulaev spricht von den Details seines Gewerbes ohne Regung in der Stimme, ist gerade auf Termin in Kaiserslautern. Und betont immer wieder, wie wichtig ihm die Sauberkeit ist, „damit auch kleine Kinder nicht krank werden.“

Eine seiner zufriedenen Kundinnen ist an diesem Nachmittag Karin Genrich. Die bekannte Potsdamer Modemacherin hat freiwillig Kleingeld auf eine Untertasse klimpern lassen und lobt die Arbeit der Reinigungskräfte: „Man bemerkt saubere öffentlich Toiletten erst, wenn sie nicht da sind – dabei sind sie für Gäste einer Touristenstadt wie Potsdam unverzichtbar.“

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