Leibniz-Kolleg an der Uni Potsdam: Die Welt der Mini-Maschinen
Das Leibniz-Kolleg an der Uni Potsdam widmet sich dieses Jahr der ultraschnellen Quantenwelt. Auch mehrere Schüler informierten sich.
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Potsdam - Alexander von Repper ist jetzt voll in seinem Element. Etwas aufgeregt begrüßt er seine jungen Gäste vom Kant-Gymnasium aus Berlin-Spandau. „Hallo, ich bin der Alex und Physikdoktorand“, sagt er und lächelt die sechs Elftklässler fröhlich an. In der Hand hält er einen großen Würfel, der aus roten und weißen Kugeln besteht, die alle mit silbernen Stäben verbunden sind. „Das ist das Modell eines Salzmoleküls“, sagt von Repper.
Seine Begeisterung für Physik ist für alle spürbar. Die Stäbe seien die Verbindungen, die die einzelnen Atome zusammenhielten. Wie dies genau geschieht und welche Kräfte hier wirken – die sogenannte ultraschnelle Quantenwelt –, wollen von Repper und sein Doktorvater Mathias Bargheer, Professor an der Uni Potsdam und vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, herausfinden. Am gestrigen Mittwoch luden sie und andere Wissenschaftler zum 20. Leibniz-Kolleg vom 11. bis 13. Mai an die Universität Potsdam nach Golm. Auch mehrere Schulklassen kamen, um sich ein Bild von der Arbeit der Wissenschaftler zu machen.
Bei der ultraschnellen Quantenwelt geht es darum, das Verhalten von Elektronen zu erforschen und zu nutzen, die sich wie Wellen verhalten und bei ihrer Überlagerung verstärken oder abschwächen. Die Elektronen sind so klein, dass sie selbst durch ein Mikroskop nicht zu sehen sind. Dennoch existiert da was, wie bei der Lab-Tour sichtbar wurde.
"Spooky" Zeugs
„Das sind ganz viele kleine Maschinen, die so ,spooky’ Zeugs machen“, versucht Bargheer sein Forschungsfeld zu beschreiben. Und dieses Zeugs ist existenziell für den Menschen. Das Auge etwa: Sehen sei möglich, weil ein sogenanntes Stäbchen durch die Änderung chemischer Bindungen in den Molekülen umkippe und damit wiederum ein elektrochemisches Signal auslöse, sagt er. Ohne die quantenmechanische Betrachtung der kleinsten Teilchen in Licht und Auge wäre der Sehprozess also nicht zu verstehen. Die Photonen des Lichtes regen hierbei die Elektronen in einem lichtempfindlichen Bereich des Auges an.
Aber wie funktioniert das genau? Das wollen die Wissenschaftler herausfinden. Dazu baute Bargheer in einem Labor einen 1,5 Millionen Euro teuren Laser, inklusive einem „Ultrakurzzeit-Röntgenlabor“. „Eigentlich ist das hier ein riesiger Lego-Baukasten – nur ohne Anleitung“, sagt Doktorand von Peerer begeistert und zeigt den Schülern bis ins kleinste Detail die Apparatur. Damit können – kurz gesagt – die Prozesse innerhalb eines Atoms und das Verhalten der Elektronen aufgezeichnet werden.
Billard spielen mit Licht
Oder der Versuch „Billard spielen mit Licht“. Auf einem großen flachen Tisch, umrandet von vielen Monitoren, auf denen Diagramme zu sehen sind, reihen sich im Labor von Doktorand Mario Niebuhr unzählige kleine schwarze Halterungen für Spiegel aneinander. Die Versuchsanordnung soll vor allem zeigen, was passiert, wenn zwei Laserstrahlen zur gleichen Zeit auf ein Kristall treffen. Sie verstärken sich und werden umgeleitet.
Dabei sind die Versuche in den Laboren der Uni Potsdam alles andere als harmlos. Die Besucher müssen immer Lichtschutzbrillen tragen, denn die Laserstrahlen sind von einer hohen Intensität. Sie könnten das Augenlicht beschädigen, sagt Niebuhr. „Wenn Ihnen etwas passiert, bin ich geliefert“, scherzt der kräftige Mann mit dem Pferdeschwanz. Passiert ist natürlich nichts.
Die Erforschung der ultraschnellen Quantenwelt bringt allerhand Anwendungen für den alltäglichen Bedarf hervor. Woher wisse etwa das Smartphone, dass man gerade sein Display gedreht habe, fragt Bargheer. Diese Anwendung sei auch aus der Forschung zur Quantenwelt entstanden. Oder auch die Daten einer CD oder DVD: Sie werden mithilfe eines Laserstrahls ausgelesen, der auf den Prinzipien der Quantenmechanik beruht. So könnten die Kenntnisse über Quanten auch zur Entwicklung besserer Festplatten und Computer beitragen – bis hin zur Verschlüsselung und Übertragung von Nachrichten.
Nachwuchsphysiker gesucht
Das sei schon alles sehr interessant, sagt der 16-jährige Justin, der mit seinem Physik-Leistungskurs bei der Führung durch die Labore mitmacht. Ob er selbst einmal hier arbeiten wolle? „Das kann ich mir noch nicht so vorstellen.“ Auch seine Schulkameraden geben sich interessiert, haben aber zunächst andere Pläne für die Zeit nach dem Abitur im kommenden Jahr. Dominik will vielleicht Ingenieurswesen studieren, Manuel macht wohl zunächst seinen Auto-Führerschein.
19 Schüler hätten sich am Mittwoch für eine Führung durch die Labore interessiert, sagt Wissenschaftler Bargheer. Das sei schon ganz ordentlich. Wenn alle später auch Physik studieren würden, „hätten wir genügend Nachwuchs“. Ein Versuch, bei jungen Menschen Interesse für die Naturwissenschaft zu wecken, ist auch das Leibniz-Kolleg. Am heutigen Donnerstag wird Majed Chergui den Hauptvortrag halten. Der Professor von der École polytechnique fédérale de Lausanne wird über die Umsetzung von Lichtenergie in andere Energieformen und weitere Phänomene der „ultraschnellen Quantenwelt“ referieren.
Stefan Engelbrecht
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