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Forest City.

© ddp

Von Bernd Kluge: Die Wochenend-Amerikaner von Neuenhagen

Western-Fans leben seit zehn Jahren vor den Toren Berlins in ihrer eigenen Welt

Stand:

Neuenhagen - Wenn die Bewohner von „Forest City“ an den Wochenenden nach Hause kommen, führt sie ihr erster Weg in einen mit Holz verkleideten Campingwagen. Dort tauschen sie Jeans oder Rock, T-Shirt und Hemd gegen weit schwingende lange Kleider mit Reifrock oder graue Uniformen mit gelben Streifen. Dann wird die Büroangestellte, der Tischler oder der Bahnmitarbeiter zu Sheriff, Major oder Krämerin im Amerika von 1860.

„Hamptons Legion“ nennt sich der 28 Mitglieder zählende Verein von Western-Fans, der das einstige Südstaatenleben im amerikanischen Bürgerkrieg nicht nur vor Publikum spielt, sondern in der Freizeit hier am Rande von Neuenhagen vor den Toren Berlins tatsächlich lebt. Jeder Einwohner von „Forest City“ schlüpft dann in ein zweites Ich. „Die Alltagssorgen vergisst man dabei schnell, wohl auch, weil wir hier so harmonisch zusammenleben“, sagt Ingo Teubner, der Sheriff von „Forest City“.

Dabei ist die aus Holz sowie Bau- und Wohnwagen erschaffene Stadt nur 4500 Quadratmeter groß, eigentlich eher ein Campingplatz der etwas anderen Art. Doch die täuschend echte Kulisse bewirke bei den Bewohnern tatsächlich eine Zeitreise zurück in den Wilden Westen des 19. Jahrhunderts, sagt Christian Ruch. Schon seit 1999 schlüpfen Ruch, Teubner und die anderen Männer des Western-Vereins in die grau-gelbe „Hampton“-Uniform, um auf Festen und Western-Treffen in ganz Deutschland zu exerzieren, mit Schwarzpulver-Waffen zu hantieren und Schlachtszenen nachzustellen. Als eine Art europäische Vertreter von Hamptons Legion sind die Bewohner von „Forest City“ sogar bei den Traditionsvereinen in den USA anerkannt und im Oktober zu einem großen Treffen nach South Carolina eingeladen.

Eine Western-Kulissenstadt aufzubauen, war eigentlich nicht Ziel von „Hamptons Legion“, erinnert sich Ruch. „Wir suchten vielmehr ein Trainingsgelände und fanden es hier“, sagt der 47-jährige „Major“. Anfangs hätten sie nur ihre weißen Baumwollzelte aufgeschlagen, mit denen „Hamptons Legion“ bei Auftritten und Treffen unterwegs ist, ergänzt der „Sheriff“. Für Material und Utensilien schaffte sich der Verein später drei ausrangierte Bauwagen an, die nach und nach westerntypisch verkleidet wurden. So entstand „Forest City“ inklusive einer „Main Street“, zu deren Seiten sich westerntypisch ein Hotel mit Doppelstockbetten in drei winzigen Zimmern, ein Barbier, eine Bäckerei, eine Schmiede und ein Gemischtwarenladen reihen.

Bernd Kluge

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