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Landeshauptstadt: Die Zigaretten blieben im Hotelzimmer

Zehn Potsdamer sind am Start. Ein Jahr trainieren. Fitter und gesünder werden. Länger durchhalten. Das ganz eigene Ziel erreichen. Mit dabei: Gerald Wood

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Der Akzent ist verräterisch. Gerald Wood kommt nicht von hier. „Ich lebe als Amerikaner seit 1991 glücklich in Potsdam“, klärt er sofort auf. 1991 war Gerald Wood 27 Jahre - und Pressesprecher des Brandenburger Landtages. „Ich konnte an den spannenden Aufbruchsjahren nach der Wende mitwirken“, ist der heute 49-Jährige noch immer dankbar für die damalige Aufgabe.

Seitdem hat sich viel getan. „Ich bin mit einer Potsdamerin verheiratet und wir haben zwei wunderbare Kinder“, erzählt Gerald Wood. Beruflich ist er als Berater viel in Deutschland, aber auch weltweit unterwegs. „Aber Potsdamer bleibe ich immer“, sagt er.

Sportlich verfolgt Gerald Wood ein ganz bestimmtes Ziel. „Ich möchte nächstes Jahr – in meinem 50. Lebensjahr – das erste Mal an einem Marathon teilnehmen!“

Vor drei Jahren habe er aufgehört zu rauchen und gleichzeitig angefangen zu laufen. „Zuvor war ich übergewichtig, lebte sehr ungesund und hab mich schlecht ernährt“, erzählt Gerald Wood. 2010 starb sein Vater an Krebs. „Er lebte in den USA und ich habe ihn das letzte Mal während unseres Sommerurlaubes gesehen. Ich wusste, als wir wieder nach Deutschland gekehrt sind, dass ich meinen Vater nie wieder lebend sehen werde“, erzählt Gerald Wood. Der Besuch des kranken Vaters änderte sein Leben. „Als ich ihn am vorletzten Tag zu einer Krebsstation zur Untersuchung begleitet habe, hat mein Vater eine Bitte an mich ausgesprochen. Er wollte, dass ich gesünder lebe“, erinnert sich Gerald Wood an die mahnenden Worte. Sein Vater habe gemeint, dass er vieles anderes gemacht hätte, wenn er nur gekonnt hätte. „Wir sprachen über Familie, Kinder und Enkelkinder. Wir sprachen über das Leben und er wollte, dass ich nicht die gleichen Fehler mache, die er gemacht hat – er hat stark geraucht und lebte ungesund der Vater wie der Sohn.“

Im Herbst 2010 tourte Gerald Wood über die Route 66: Völlig allein von Chicago nach Santa Monica, 5 000 Kilometer auf der teils sehr einsamen Strecke. Unterwegs habe er viel über seinen Vater nachgedacht und über das Leben. „Irgendwo unterwegs habe ich meine Zigaretten in einem Hotelzimmer liegen gelassen und seitdem keine einzige mehr angefasst“, sagt er. Er hielt am Grand Canyon an und hat einen Abschiedsbrief seiner Tochter an seinen Vater am Rande der Schlucht unter einen Stein gelegt. „Mein Vater war Trucker und fuhr öfter bei seinen Touren am Grand Canyon vorbei und hatte nie Zeit, mal dort anzuhalten. Das war eine der Sachen, die er hätte anders machen wollen. Nun war er in dem Moment, wo ich den Brief hinterlassen habe, in meinen Gedanken zumindest endlich dort angekommen.“

Als Gerald Wood nach der zweiwöchigen Tour wieder nach Deutschland kam, fing er mit dem Laufen an. Es war nicht einfach! Die ersten Läufe waren kurz, anderthalb bis zwei Kilometer. „Und die waren schmerzvoll,“ gesteht Gerald Wood. Doch er wollte dranbleiben: „Ich wollte es, damit ich für meine Familie, meine Kinder und irgendwann ihre Kinder noch lange da sein kann.“ Er wollte wieder Spaß am Leben haben. Gesund sein. „Deshalb quälte ich mich anfangs, bis ich irgendwann eine Routine gefunden habe“, sagt er.

Heute läuft Gerald Wood fast täglich je nach Laune sieben bis 15 Kilometer, egal welche Wetterlage oder Temperaturen herrschen. In diesem Jahr hat er an seinen ersten Wettbewerben teilgenommen. „Ein Höhepunkt für mich war mein erster Halbmarathon beim Potsdamer Schlösserlauf.“ Sehr respektable 1:34 Stunden hat er für die 21 Kilometer gebraucht. Mittlerweile nimmt Gerald Wood an vielen Läufen teil. Wenn er nicht in Potsdam ist, kommen die Laufsachen auf jeden Fall mit, sodass er in Hamburg, Düsseldorf oder Graal-Müritz genauso läuft wie ab und zu mal in der Schweiz oder in den USA. „Auf jeden Fall bin ich wieder fit,“ freut sich Gerald Wood.

Und nun ein Marathon! Im kommenden Jahr. Wo und wann genau steht noch nicht fest „Ich finde, es wäre für mich in meinem 50. Lebensjahr eine wichtige Zäsur, wenn ich so etwas meistern könnte“, sagt er.

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