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Aus dem GERICHTSSAAL: Dieb in Uniform?

Staatsanwalt forderte hohe Geldstrafe für Polizist

Stand:

Der Diebstahl eines Abführmittels aus einer Arztpraxis in der Kurfürstenstraße beschäftigte das Amtsgericht bereits drei Tage. Nun beraumte der Vorsitzende für den 26. Mai einen weiteren Prozesstermin an. Dann wird voraussichtlich auch das Urteil gesprochen. Brisant an dem Fall: Der Dieb soll ein Polizeibeamter sein. Er bestreitet den Anklagevorwurf, wird jedoch von einem Kollegen schwer belastet. Der Staatsanwalt folgte den Aussagen dieses Zeugen. Er sprach gestern von einem enormen Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Polizei, plädierte auf eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 60 Euro für den Beschuldigten. Damit würde das ehemalige Mitglied der Operativen Fahndungsgruppe als vorbestraft gelten, was seiner weiteren Karriere nicht förderlich wäre. Der Verteidiger beantragte Freispruch. Er verwies unter anderem auf Ungereimtheiten in der Beschreibung des Medikaments durch verschiedene Zeugen. Daraufhin trat das Gericht erneut in die Beweisaufnahme ein. Nun sollen der vermeintlich bestohlene Mediziner, dessen Praxis der Angeklagte mit zwei Kollegen im November 2006 observierte, um Einbrechern auf die Spur zu kommen, sowie eine Arzthelferin noch einmal zum genauen Aussehen des Abführmittels samt Verpackung gehört werden.

Die Einbrecher ließen damals auf sich warten. Das Trio vertrieb sich die nächtliche Langeweile in den Räumen des Ärztehauses mit „Doktorspielen“, flachste herum, wen es gern einmal behandeln würde. Ein radikal wirkendes Abführmittel soll es dem Angeklagten Sven S.* (35) besonders angetan haben. Laut Staatsanwaltschaft steckte der Polizeibeamte das Medikament im Wert von 16,87 Euro klammheimlich in seinen Rucksack. (PNN berichteten.)

„Wir haben das Abführmittel in die Hand genommen und gelesen, wie es wirkt. Sven wollte eine Packung mitnehmen. Er hat sich vorgestellt, was passiert, wenn er das Zeug jemandem in den Kaffee schüttet“, erinnerte sich Peer P.* (33), ein Kollege des Angeklagten, am ersten Verhandlungstag. „Ich habe gesagt, er soll das lassen. Doch Sven war von seiner Idee begeistert.“ Um sich nicht mitschuldig zu machen, habe er die kleine Kammer mit den Medikamenten verlassen. Nach Dienstschluss habe Sven S. dann den Beutel „mit dem Aussehen einer Tütensuppe“ demonstrativ auf den Tisch im Aufenthaltsraum geworfen, so der Zeuge. Doch keiner der damals anwesenden Kollegen konnte dies vor Gericht bestätigen.

Ein Beamter des Landeskriminalamtes Brandenburg, der damals gewisse Unregelmäßigkeiten in der (inzwischen aufgelösten) Operativen Fahndungsgruppe der Polizei untersuchte, berichtete gestern: „Ich wurde von Peer P. über den Diebstahl durch Sven S. informiert. Er konnte genaue Angaben zum Tatablauf machen und die Verpackung exakt beschreiben.“ Dem Arzt, den der LKA-Beamte daraufhin vernahm, sei das Fehlen des apothekenpflichtigen Medikaments gar nicht aufgefallen. Allerdings sei für ihn das Handeln des Polizisten, dem er vertrauensvoll die Schlüssel seiner Praxisräume überließ, unfassbar gewesen. (*Namen geändert.) Hoga

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