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Aus dem GERICHTSSAAL: Diebesbeute: Ein Rucksack voller Werkzeug

20-jährige Ergotherapeutin beruft sich auf Schusseligkeit/ 200 Euro Geldbuße als „Denkzettel“

Stand:

Den verbilligten Wäscheständer bezahlte Luise L. (20, Name geändert) am 1. April anstandslos im Baumarkt. Als die Ergotherapeutin mit ihrer Neuerwerbung ins Freie trat, begann es in ihrem Rucksack zu piepen. Eine Kassiererin trat schnell hinzu, forderte die junge Frau auf, die Tasche zu öffnen. In deren Inneren fand sie zwei kleine Fräsen, eine Raspel, einen Seitenschneider sowie eine 1,5 Liter-Dose mit silberner Farbe. Gesamtwert des Diebesgutes: 63,53 Euro. Luise L. musste 100 Euro „Fangprämie“ zahlen, erhielt ein Jahr Hausverbot.

„Ich wollte die Sachen ja nachträglich bezahlen. Aber das wurde mir verweigert“, beschwerte sich die Potsdamerin gestern vor dem Jugendgericht. „Im Übrigen hatte ich von Anfang an nicht vor, die Waren zu stehlen.“

Erfreut darüber, dass der Baumarkt an jenem Tag 20 Prozent Rabatt auf zahlreiche Artikel anbot, habe sie neben dem dringend benötigten Wäschetrockner auch Werkzeug und Farbe zum Basteln erwerben wollen. „Ich hatte die Hände mit dem Ständer voll. Da habe ich die anderen Dinge in den Rucksack gesteckt. An der Kasse war es sehr voll. Die Wartenden redeten über Gott und die Welt. Da habe ich ein bisschen zugehört. Als ich endlich an der Reihe war, habe ich gar nicht mehr an das Werkzeug und die Farbe im Rucksack gedacht“, beteuerte die Angeklagte.

Luise L. sei sehr kreativ, aber auch ein bisschen „wuselig“, berichtete die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Während ihrer Kindheit lebte sie mit der Mutter in Deutschland, Frankreich und Ägypten. Sie musste schon früh Verantwortung übernehmen, da die Mutter unter einer schweren psychischen Störung litt. Deshalb sei es Luise schwer gefallen, eine Bindung zu ihr aufzubauen. Im Alter von 16 Jahren zog sie dann zu ihrem damaligen Freund und dessen Eltern. Obwohl viel auf sich allein gestellt, habe Luise L. zielstrebig ihre Ausbildung absolviert, besuche gegenwärtig die Fachoberschule, um das Abitur abzulegen. Nebenbei arbeite sie noch in ihrem Beruf. „Am Tattag war Luise sehr verwirrt. Ihre Mutter, die zurzeit in Holland wohnt, hatte überraschend angerufen, dass sie kommen will. Ihre Besuche brachten in der Vergangenheit stets Chaos für die Angeklagte“, wusste die Gerichtshilfe-Mitarbeiterin. „Sie hatte keine Ahnung, was sie nun wieder erwartet.“ Dennoch plädierte sie dafür, Luise L. nach Erwachsenenstrafrecht zu sanktionieren, regte an, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die diesem Prozedere zustimmen muss, war einverstanden. Schließlich stand die Potsdamerin zum ersten Mal vor Gericht. Auch Jugendrichterin Rita Franke befand, ein Urteil müsse es dieses Mal noch nicht sein. Luise L. hat als „Denkzettel“ für ihre Schusseligkeit eine Geldbuße von 200 Euro an die Stiftung „Hilfe für Familien in Not“ zu zahlen. Hoga

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