Aus dem GERICHTSSAAL: Diebesbeute oder Pfand?
Staatsanwältin: Es fehlt an der Zueignungsabsicht / Freispruch für Gläubiger
Stand:
Als Arbeitsloser schwimmt Bernhard B.* (48) nicht in Geld. Dennoch borgte er seinem jüngeren Kumpel Fabian F. im vorigen Jahr 80 Euro. Der Lehrling schrieb einen Schuldschein, versprach, seine Verbindlichkeiten pünktlich zu begleichen. Doch dann floss kein Cent. Immer wieder vertröstete Fabian F. den Hartz IV-Empfänger. Am Nachmittag des 24. Oktober 2005 reichte es diesem schließlich. Er schnappte sich den Schuldner. Das brachte den bereits wegen Körperverletzung mit Todesfolge Vorbestraften jetzt erneut auf die Anklagebank.
Laut Staatsanwaltschaft soll Bernhard B. an der Straßenbahnhaltestelle Hans-Albers-Straße die Geldbörse mit sämtlichen Papieren sowie das Handy des jungen Mannes gestohlen haben. Zeugin des Geschehens war laut Fabian F. dessen Freundin Cindy C.* Der Vorwurf sei falsch, verkündet Rechtsanwalt Volker Wiedersberg im Auftrag seines erregten Mandanten. Bernhard B. habe den Schuldner an besagtem Tag in Begleitung eines gemeinsamen Bekannten vor der Rewe-Kaufhalle in Drewitz getroffen, erneut nach seinem Geld gefragt. Da Fabian F. nicht zahlen konnte, habe dieser ihm seine Brieftasche als Pfand gegeben. „Er wollte in einer Woche vorbeikommen und seine Schulden begleichen.“ Fabian F.* (22) gibt im Zeugenstand zu, er habe bei der Polizei etwas Falsches erzählt. „Es passierte vor der Kaufhalle. Und meine Freundin war auch nicht dabei“, stellt er klar. „Ich wollte mit einem Kumpel ein paar Bier holen, als ich den Angeklagten traf. Er hielt mich fest. Dann nahm er mir mein Portemonnaie und das Handy weg.“ Keinesfalls – so der vermeintlich Geprellte – habe er dem Älteren seine Börse als Pfand angeboten.
„Bernhard B. kam uns entgegen“, erinnert sich der Lagerarbeiter Dietmar D.* (54). „Er sagte zu Fabian, gut, dass ich dich treffe. Ich lasse mich von dir nicht verscheißern. Dann gab er ihm eine Backpfeife, nahm im Portemonnaie und Handy ab. Er meinte, das Telefon könne sich Fabian später bei ihm abholen.“ Die Richterin wundert sich. Von Tätlichkeiten war bislang keine Rede. Der Zeuge bleibt dabei, will allerdings nicht gewusst haben, dass es bei der Aktion um das Eintreiben von Schulden ging.
Fabian F. wird noch einmal in den Zeugenstand gerufen. Er gesteht nun, Bernhard B. die Geldbörse doch freiwillig ausgehändigt zu haben. „Aber das Handy hat er geklaut.“ Da es von der Polizei nicht beim Angeklagten gefunden wurde, hegt das Gericht Zweifel an dessen Diebstahl. „Der Zeuge konnte die Börse auslösen, sobald er seine Schulden bezahlt hätte. Somit fehlt es an der Zueignungsabsicht“, so die Staatsanwältin. Das sieht das Gericht ebenso. Freispruch für Bernhard B. (*Namen geändert.) Hoga
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