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Aus dem GERICHTSSAAL: Diebisches Duo?

Polizei sicherte keine Fingerspuren an der Kassette / Freispruch

Stand:

Am Schluss der fünfstündigen Verhandlung gibt es einen Freispruch für das ungleiche Pärchen. „Es wurde vieles unterlassen, was objektiv dazu führen konnte, diesen Bruch aufzuklären“, begründet Amtsrichterin Waltraud Heep das Urteil. Im Grunde konnte nicht einmal zweifelsfrei festgestellt werden, ob überhaupt Geld verschwunden war.

Rentnerin Gerda G.* (65) und ihr Lebensgefährte Thomas T.* (46) sitzen wegen gemeinschaftlichen besonders schweren Diebstahls auf der Anklagebank. Die Tat soll sich bereits am 28. Dezember 2008 ereignet haben. Da war Gerda G. noch beim Wachschutz tätig. An jenem Wintersonntag hatte die stämmige Frau Dienst in der Wilhelmgalerie. Laut Staatsanwaltschaft soll die vielfach wegen Betruges Vorbestrafte am Abend den Parkscheinautomaten der Tiefgarage geöffnet, die Geldkassette entnommen, aufgehebelt und 670 Euro daraus gestohlen haben. Thomas T. – ebenfalls wegen zahlreicher Betrügereien aktenkundig – soll ihr Komplize gewesen sein.

Das Duo schweigt zu dem Vorwurf. So sind die Zeugen gefragt. Ronald R.* (46), zu jener Zeit Niederlassungsleiter der Wachschutzfirma, bei der Gerda G. angestellt war, erinnert sich: „Frau G. hatte legal Zugang zu dem Schlüssel, mit dem sich die Frontscheibe des Parkscheinautomaten öffnen lässt.“ Das sei manchmal nötig, um Störungen, beispielsweise verklemmte Tickets, zu beseitigen. Da die Geldkassette nur geleert werde, wenn sie voll sei, habe er deren Beschädigung erst Tage später bemerkt. „Der Deckel war gestaucht. Die Kassette konnte nur mit einem Trennschleifer geöffnet werden“, so der Zeuge. Anhand der Aufzeichnungen des Automaten ließ sich rekonstruieren, dass die Kassette an besagtem Tag zwischen 20.17 Uhr und 20.44 Uhr entnommen worden sein musste. Der vermeintliche Fehlbetrag sei dann aus der Differenz zwischen errechneten Einnahmen und dem tatsächlich vorgefunden Geld ermittelt worden.

„Frau G. durfte den Parkautomaten gar nicht öffnen, um Störungen zu beseitigen. Sie war nur zwei Tage zur Aushilfe in der Wilhelmgalerie“, stellt Walter W.* (51), ein weiterer Sicherheits-Mitarbeiter, klar. „Am 28. Dezember rief sie unseren Wachleiter an, weil es Probleme mit der Schrankenanlage und dem Automaten gegeben habe. Die hätte sie allerdings alleine in den Griff gekriegt.“ Das sei dem Wachleiter komisch vorgekommen, da die neue Kollegin nicht in die Technik eingewiesen worden war. „Ich wurde beauftragt hinzufahren. Bei meinem Eintreffen war der Parkscheinautomat komplett außer Betrieb gesetzt. Frau G. lief mit Handschellen am Gürtel herum, was in unserem Unternehmen nicht üblich ist. Ihr Partner hielt sich unberechtigt im Gebäude auf. Der Schlüssel für den Automaten befand sich nicht im Schlüsselschrank. Ich musste erst danach fragen“, so Walter W. „Ich habe den Automaten wieder in Gang gesetzt und abgeschlossen.“ Ob die Geldkassette drin war, habe er nicht gesehen. „Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, nachzugucken“, meint er. Das wundert die Richterin sehr. „Einzig sinnvolles Objekt der Begierde in einem Automaten ist das Geld“, pariert sie. Und es gibt noch mehr Ungereimtheiten. Die Polizei unterließ es, die Kassette auf eventuelle Fingerspuren von Gerda G. oder Ronald R. zu untersuchen. Fraglich ist auch, wie die vermeintlichen Langfinger an die 670 Euro gekommen sein sollen. Das Behältnis war bei weitem nicht so zerstört, dass die Scheine irgendwie herausgefischt werden konnten.

„Es gibt keine zwingenden Indizien, die für die Täterschaft der Angeklagten sprechen“, resümierte Richterin Heep. „Dass das alles etwas seltsam anmutet, ist eine andere Sache.“ (Namen geändert.) Hoga

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