Landeshauptstadt: Diplomaten im Dienst der Kirche
St. Antonius: Seit 1906 gibt es eine katholische Gemeinde in Babelsberg
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St. Antonius: Seit 1906 gibt es eine katholische Gemeinde in Babelsberg Kirchen beherrschen seit Jahrhunderten die Silhouetten unserer Städte und Dörfer. Sie sind Zeugen einer geistig-kulturellen Entwicklung und offenbaren die Vielfalt des religiösen Lebens unterschiedlicher Konfessionen. Das gilt auch für die Landeshauptstadt Potsdam und ihre eingemeindeten Dörfer. Was aber geschieht heute in diesen Kirchen? Was bewegt die Menschen, die sich in einer Kirche zusammenfinden? Die PNN-Serie „Kirchliches Gemeindeleben“ geht diesen Fragen nach und versucht ein Bild zu zeichnen vom Engagement in den Kirchen der Stadt und ihrer neuen Ortsteile. Sie berichtet auch vom Zusammenspiel verschiedener christlicher Strömungen, die sich in der Ökumene wiederfindet. Heute: St. Antonius Von Lutz Borgmann Ursprünglich von Friedrich dem Großen als Zufluchtsort für die aus Böhmen vertriebenen Protestanten angelegt, zogen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Katholiken nach Nowawes, das spätere Babelsberg, so dass die entstehende Gemeinde 1891 ein Grundstück für einen Kirchbau erwarb. 1905 wurde das Pfarrhaus mit einer Kapelle – heute Gemeindesaal – gebaut und im Oktober 1906 dem Heiligen Antonius von Padua geweiht. 1922 wurde die Gemeinde zur Pfarrei erhoben. Marienschwestern gründeten den heute als Kindertagesstätte geführten katholischen Kindergarten. In den Jahren 1933 bis 1934 wurde nach Plänen des Dahlemer Oberbaudirektors Wilhelm Fahlbusch (1877 -1962) die jetzige Kirche gebaut und von Bischof Nikolaus Bares am 15. April 1934 geweiht. Der Turm ist 34 Meter hoch und trägt ein vergoldetes Papstkreuz mit drei Querbalken. 1999 konnte das ursprüngliche, aus vier Bronzeglocken bestehende Geläut wiederhergestellt werden. Die drei größten Glocken waren im Krieg beschlagnahmt und 1956 durch Stahlglocken ersetzt worden. Wie lebt eine Minderheit katholischer Christen in einer Umgebung mit protestantischer Mehrheit – in der Diaspora? Pfarrer Armin Kögler, seit 1999 an St. Antonius tätig, spricht lobend von seiner lebendigen Gemeinde, zu der etwa 2000 Gemeindemitglieder gehören. Man sei gewohnt, einen persönlichen Beitrag zum Gemeindeleben zu leisten. Hauptamtlich ist eine Sekretärin halbtags tätig; ein Organist zu 40 Prozent. Die Finanznot macht auch vor der katholischen Kirche nicht Halt. Doch die traditionellen Bereiche kirchlicher Arbeit, wie Eltern-, Senioren- und Kinderarbeit fehlen ebenso wenig wie ein Chor. Bis vor zwei Jahren wurde der katholische Religionsunterricht in kirchlichen Räumen erteilt. Erst allmählich findet er in Schulen statt. Die Kindertagesstätte bietet gegenwärtig 65 Plätze bei steigendem Bedarf. Deshalb ist eine Erweiterung auf etwas 80 Plätze im kommenden Jahr vorgesehen. Regelmäßig probt ein Kinder- und Jugendorchester aus 12 bis 15 Musikern. Sie spielen bei kirchlichen Veranstaltungen und durften sogar schon einmal die Stadtjugendmesse in der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale musikalisch gestalten. Ein erfreuliches Kapitel ist das Wachstum der Gemeinde seit der Wende. Der Ortsteil Babelsberg ist ebenso wie die Berliner Vorstadt mit der Nähe zu Berlin eine beliebte Zuzugsgegend geworden. In den letzten vier Jahren sind etwa 50 Prozent katholischer Gemeindemitglieder hinzugekommen, sagt Pfarrer Kögler. Im Gemeindeleben mache sich durchaus bemerkbar, dass die aus dem Westen der Republik zuziehenden Familien aus einer betont christlichen Sozialisation kommen. Hier müssten sie dann aber erst mit der Erfahrung einer „doppelten Diaspora“ fertig werden: Nicht nur als Katholiken seien sie in der Minderheit, sondern vor allem auch als Christen gegenüber einer weithin unkirchlichen Bevölkerung. Doch gerade aus dieser ungewohnten Situation heraus würden bewusste Kontakte zur Gemeinde wachsen. Und noch eine positive Besonderheit weiß Pfarrer Kögler zu berichten: Zugereiste Diplomaten meldeten sich in der Regel sofort zur Mitarbeit in der Gemeinde. Bleibt noch eine Frage, die man einem evangelischen Pfarrer nur zögernd stellen würde: „Wie steht es mit dem sonntäglichen Gottesdienstbesuch?“ Die Antwort unterstreicht die besondere Bedeutung der Heiligen Messe am Sonntag in der katholischen Kirche. „Wir haben in unserer Kirche etwa 250 Sitzplätze“, sagt Pfarrer Kögler, „aber sie reichen oft nicht aus, denn nicht nur zu besonderen Festtagen haben wir 300 bis 350 Teilnehmer am Gottesdienst.“ Und die nächstliegende Aufgabe? „Unsere Weihnachtskrippe haben wir bereits aufgebaut, mit zwölf Figuren. Sie stammen aus der Werkstatt des Oberlinhauses."
Lutz Borgmann
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