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Landeshauptstadt: Dokumente statt Legenden

Hans-Werner Mihan stellte Neuauflage „Die Nacht von Potsdam“ vor

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Nauener Vorstadt – Gestern Abend signierte Hans-Werner Mihan im Dorint-Hotel die ersten Exemplare seines neu aufgelegten Buches „Die Nacht von Potsdam“. Die im Jahre 1997 erstmals erschienene Dokumentation über den Luftangriff britischer Bomber am 14. April 1945 war seit vielen Jahren vergriffen. Die Vorstellung der 2. Auflage erfolgte durch den Druffel & Vowinckel-Verlag im Rahmen einer internen Tagung unter dem Titel „Zeitgespräche Preußen & Deutschland.“

Die Motivation Hans-Werner Mihans für dieses Buch waren nach seinem eigenem Bekunden die zahlreichen Ungereimtheiten und Legenden, die über das Ereignis im Umlauf waren. Mihan, der den Krieg als Soldat aus eigenem Erleben kennt und den Bombenangriff auf Potsdam gesehen hat, stützt sich vor allem auf Dokumente und Originalquellen, die zum großen Teil erst in den letzten anderthalb Jahrzehnten zugänglich waren.

Noch heute weit verbreitet ist zum Beispiel die Legende, die Nikolaikirche sei ein Opfer der Bomben geworden. Doch Luftaufnahmen der Briten vom 16. April 1945 beweisen, dass dies nicht der Fall war. Zwar hatte die Kuppel ein im Durchmesser zwei Meter großes Loch, der übrige Teil der Kirche war jedoch intakt. Noch im Jahre 1995 wurde behauptet, es habe sich um einen anglo-amerikanischen Luftangriff gehandelt. Nach Kriegsende hing ein Plakat in den Stadtschloss-Ruinen: „Ehemaliges Stadtschloss – erbaut unter G. W. Knobelsdorff 1744-174 – zerstört durch USA-Bomber am 14. April 1945“. Eingesetzt waren jedoch ausschließlich britische Maschinen.

Auch über das Ziel des Angriffs kursieren noch heute Berichte und Meinungen, die Mihan in seinem Buch widerlegt: Sanssouci sei ein Angriffsziel gewesen und die gesamte Stadt sollte zerstört werden. Im Kapitel „Die Zielmarkierung“ hat der Autor dokumentiert, dass der Bahnhof alleiniges Angriffsziel der Briten war. Besonders hartnäckig hielt sich das Gerücht, der Wind habe die Zielmarkierungen nach Süden getrieben. Dokumente aus englischen Archiven beweisen hingegen, dass die Bombardierung Potsdams in den letzten Kriegstagen nicht mehr dem bisherigen Schema der Städtebombardierung folgte. Auch die an diesem Tag laut Wetterbericht herrschende Windrichtung und das große Gewicht der Markierungsbomben widersprechen der Wind-Theorie. Mihan geht auch auf die über 800 abgeworfenen Beleuchtungsbomben ein und relativiert die Bedeutung von Zeitzeugenaussagen: „Eine der ersten sah auch ich in jener Nacht. Anstatt aber mir zuerst einzuprägen, in welche Richtung sie driftet, zog ich es vor, lieber sofort den schützenden Keller aufzusuchen. Von vielen Luftangriffen, die ich als Luftwaffenhelfer während der Schlacht um Berlin erlebte, wüsste ich von keinem einzigen zu sagen, aus welcher Richtung der Wind kam.“

Das Buch ist seit gestern im „Internationalen Buch“ in der Brandenburger Straße 41/42 erhältlich. Günter Schenke

Günter Schenke

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