Landeshauptstadt: Doppelt abgerechnet
Anklage: Betrug und Gebührenüberhebung/ Rechtsanwalt muss 2400 Euro Geldstrafe zahlen
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Anklage: Betrug und Gebührenüberhebung/ Rechtsanwalt muss 2400 Euro Geldstrafe zahlen Von Gabriele Hohenstein Heiner M.* (41) wollte so schnell wie möglich geschieden werden. Seine Mutter, der das Wohl des Sohnes am Herzen lag, erklärte sich bereit, die Kosten für den eingeschalteten Rechtsanwalt zu zahlen. 500 Mark „Eintrittsgeld“ übergab die resolute Dame dem Juristen im Mai 2000 beim ersten Besuch in dessen Kanzlei. Dafür sollte er alles für die Trennung Nötige in die Wege leiten. „Kann sein, dass wir da auch über die Mietschulden der damaligen Frau meines Sohnes sprachen und wie Heiner am schnellsten aus der Sache rauskommt“, meint Gerda M.* (65). Alleiniger Verwendungszweck des 500-Mark-Vorschusses sei jedoch das Anschieben der Scheidung gewesen. Das will Rechtsanwalt Patrick A.* (39) ganz anders verstanden haben. Die 500 Mark – ohne Zweckbindung an ihn übergeben – seien schnell zur Regelung der Wohnungsangelegenheit des Scheidungswilligen sowie der gerechten Teilung des Hausrats verbraucht gewesen. Als er im März 2001wegen des relativ mittellosen Mandanten beim Familiengericht Prozesskostenhilfe beantragte, habe er reinen Gewissens angegeben, weder von Heiner M. noch einem Dritten irgendwelche Zahlungen für das Scheidungsverfahren erhalten zu haben. Die Prozesskostenhilfe wurde bewilligt, der Mandant und seine Mutter erfuhren davon nichts. Gerda M. ahnte auch nichts Böses, als ihr der Jurist im vorigen Jahr die Endrechnung für die erfolgreiche Scheidung des Sohnes übersandte. Sie zog die 500 Mark Vorschuss ab, überwies die Restsumme. Stutzig wurde sie erst, als ihr Filius danach vom Gericht aufgefordert wurde, zu seinen jetzigen Vermögensverhältnissen Stellung zu nehmen. Patrick A. – angeklagt wegen Betruges und Gebührenüberhebung – bestreitet vor dem Amtsgericht entschieden, bewusst doppelt abgerechnet zu haben. Allerdings räumt der Rechtsgelehrte ein: „Meine Vorgehensweise war blauäugig und dumm.“ Er habe unter dem großen Rahmen „Scheidungssache N.“ alle möglichen Angelegenheiten laufen lassen, mit denen ihn sein Mandant betraute und die er ihm eigentlich hätte in Rechnung stellen müssen. Der Staatsanwalt kraust die Stirn. „Dann hätten Sie doch unweigerlich über die 500 Mark Vorschuss stolpern müssen“, stellt er klar. „Die Frage ist, ob die Landesjustizkasse überhaupt verpflichtet gewesen wäre, Prozesskostenhilfe zu zahlen, wenn bereits Geld eingegangen war.“ Patrick A. behauptet nun, an die von Gerda M. geleistete Zahlung nicht mehr gedacht zu haben. Er habe im Kopf alle erbrachten Leistungen zusammengezählt, die ihm dafür zustehenden Honorare addiert, den vom Staat erhaltenen Zuschuss für die Scheidung gegengerechnet. Dann sei er zu der Auffassung gelangt, es haue schon hin. Bereichert habe er sich jedenfalls nicht. Den Vertreter der Anklage graust es sichtlich. „Der Vertrauensschaden in die Rechtsordnung ist erheblich. Als Rechtsanwalt muss man wissen, was man abrechnen darf und was nicht“, rügt er den bereits viermal wegen Trunkenheit am Steuer vorbestraften Advokaten. Er beantragt, Patrick A. wegen Betruges und Gebührenüberhebung zu einer Geldstrafe von 3000 Euro zu verurteilen. Der Verteidiger fordert Freispruch. „Obwohl die Rechnung dem äußeren Anschein nach falsch war, gereicht sie meinem Mandanten nicht zum Nachteil“, betont er. Das sieht das Gericht anders. „Der Angeklagte hätte für das Scheidungsverfahren, für das er Prozesskostenhilfe bekam, keine Rechnung stellen dürfen“, so die Vorsitzende. Das Urteil: 2400 Euro Geldstrafe. (*Name geändert.)
Gabriele Hohenstein
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