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Aus dem GERICHTSSAAL: Doppelt bestrafte Diebe

Geringe Beute, aber geharnischte Sanktionen

Stand:

Die Diebe geben sich im Zehn-Minuten- Takt die Klinke in die Hand. Auf der Anklagebank erzählen sie mehr oder weniger glaubhafte Geschichten, warum sie lange Finger machten. So wie Swetlana S.* aus der Ukraine. 73 Jahre lang ging sie ehrlich durchs Leben. Am Nachmittag des 4. März wurde die Neu-Potsdamerin im Kaufland von einem Detektiv beobachtet, wie sie diverse Lebensmittel, aber auch Pralinen, im Gesamtwert von 36 Euro in ihre Tasche steckte, dann stramm durch den Kassenbereich schritt. Dass sie sich nun wegen Diebstahls im beschleunigten Verfahren verantworten muss, will ihr nicht in den Kopf. „Ich habe doch schon 100 Euro Strafe bezahlt“, begehrt sie auf. Amtsrichterin Kerstin Nitsche erklärt der Frau mit dem grauen Zopf : „Das war die so genannte Fangprämie des Unternehmens. Hier erhalten Sie die staatliche Sanktion.“ Die lautet auf 15 Tagessätze à 15 Euro (insgesamt 225 Euro). Das ist viel Geld für Swetlana S., die von Sozialhilfe lebt. „Ich weiß auch nicht, was an dem Tag in mich gefahren ist“, beteuert die Angeklagte. „Mein Mann ist krank, er ist ein Tschernobyl-Opfer. Und mein Sehvermögen verschlechtert sich rapide. Bald bin ich blind. Irgendwie stand ich total neben mir.“

Bei Torsten T.* (40) war es die Angst vor Entzugserscheinungen, die ihn am 20. Februar bei Netto in den Bahnhofspassagen zum Diebstahl einer Flasche Schnaps trieb. Wert der Beute: 4,99 Euro. Da der Hartz IV-Empfänger nicht zum ersten Mal „bargeldlos einkaufte“, kassiert er eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je zehn Euro. Vor Gericht betont Torsten T., er habe inzwischen eine Therapie gemacht, trinke nun absolut keinen Alkohol mehr. „Mein Wunsch ist es, eine Ausbildung zum staatlich geprüften Suchtberater zu machen. Ich möchte Menschen, denen es so geht, wie es mir früher ergangen ist, helfen“, so der Angeklagte. „Ich habe ja nichts gegen Sie, Frau Richterin. Aber mich sehen Sie hier bestimmt nicht wieder.“

Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls werden Claudius C.* und Leon L.* – beide 23 Jahre alt und bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten – mit Geldstrafen von je 15 Tagessätzen à 20 Euro sanktioniert. Laut eigener Aussage war das Duo am 24. Februar derart ins Gespräch vertieft, dass es „nicht wirklich absichtlich“ bei Kaufland eine Flasche Wein im Wert von sieben Euro in einem mitgeführten Rucksack deponierte. „Wir haben sie anschließend aber bezahlt“, berichtet Claudius C. Mit der Einstellung ihres Verfahrens gegen eine Geldbuße von 150 Euro kommt Silvana S.* (22) davon. Die bislang nicht Vorbestrafte stahl am 2. März Zigaretten und Deo für 13,20 Euro. „Ich wollte ja bezahlen, aber dann hatte ich meine Geldbörse nicht dabei“, begründet die Auszubildende ihr Tun. (*Namen geändert.)Hoga

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