
© Manfred Thomas
Sport: Dreck hinterm Ohr
Der Kleinmachnower Radcross-Profi Philipp Walsleben machte in Belgien sein Hobby zum Beruf und ist derzeit Weltcup-Zweiter
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Philipp Walsleben war immer derjenige, der am Montag noch mit dreckigen Ohren zur Schule kam. Der Radcross-Profi aus Kleinmachnow, der im Alter von 13 Jahren mit der in Deutschland eher unpopulären Variante des Radsports begann, steht seit 2008 beim belgischen BKCP-Powerplus-Team unter Vertrag und belegt in der laufenden Weltcup-Saison derzeit den zweiten Rang.
„Ich bin super zufrieden“, sagt der 26-Jährige. „Aber irgendwie auch ein bisschen selber überrascht. Vor der Saison war mein Ziel, unter die Top 10 zu kommen. Jetzt sollte ich wohl die Top 5 oder Top 3 anpeilen.“ In der vergangenen Saison belegte der Kleinmachnower in der Gesamtwertung den 19. Platz. Dieses Jahr fährt er um die Siege mit. Mit zwei dritten Plätzen im niederländischen Valkenburg zum Saisonauftakt und zuletzt im belgischen Koksijde und einem zweiten Platz in Tabor (Tschechien) verpasste Walsleben diesen bisher immer nur denkbar knapp. „Mein erstes Ziel ist, endlich auch mal einen Wettkampf zu gewinnen“, sagt der Profi selbstbewusst. Das nächste Rennen steht am 22. Dezember in Namur (Belgien) im Kalender. Mit nur zwei Punkten Rückstand auf den derzeitigen Erstplatzierten, den Niederländer Lars van der Haar, hat Walsleben sehr gute Chancen, sich zum Weihnachtsfest selbst ein Geschenk zu machen: erstmalig die Gesamtführung zu übernehmen.
Ein wenig verärgert ist der Kleinmachnower jedoch darüber, dass am zweiten Weihnachtsfeiertag schon das nächste Rennen ansteht. „Wieder in Belgien“, so Walsleben. „Natürlich haben wir ein belgisches Übergewicht im Weltcup, aber die anderen Sportler haben somit keine Chance, über Weihnachten nach Hause zu fahren. Das ist ein bisschen egoistisch, wie ich finde.“ Immerhin kommen seine Eltern über die freien Tage dann eben zu ihm. Der 26-Jährige wohnt mittlerweile wieder alleine in einer Wohnung in Aarschot. „Im Sommer bin ich aber auch viel in Kleinmachnow“, erzählt der Familienmensch, der auch in seiner Heimat eine eigene Wohnung hat.
Nach Belgien ist Philipp Walsleben direkt nach dem Abitur gegangen. „Ich wollte probieren, mein Hobby zum Beruf zu machen“, sagt der amtierende Deutsche Meister im Radcross. „Es hat geklappt. Im Sommer 2007 konnte ich einen Vertrag beim belgischen Team unterschreiben.“ Im Nachbarland sei Radcross so etwas wie Volkssport, erzählt Walsleben. Dort kommen im Durchschnitt 10 000 bis 15 000 Zuschauer an die Strecke und jedes Rennen kann im Fersehen verfolgt werden. „Es passiert dann schon mal, dass ich im Restaurant erkannt werde“, erzählt er ein wenig stolz.
Neben den Weltcup-Rennen – noch vier in dieser Saison – fährt Walsleben auch in den beiden belgischen Serien mit. „Eigentlich haben wir an fast jedem Wochenende einen Wettkampf“, so der Profi. Leider bliebe ihm deswegen in der laufenden Saison kaum Zeit, auch mal bei Rennen in Deutschland mitzufahren. „Das ist schade. Besonders für den Sport in Deutschland, wenn der Deutsche Meister bei nationalen Rennen nicht mitfährt.“ Er müsse sich jedoch an seine Team- und Sponsorenverträge halten. Die Deutsche Meisterschaft, die Mitte Januar in Bayern stattfindet, lässt der Titelverteidiger sich jedoch nicht nehmen.
Bei den Wettkämpfen, die über einen Rundkurs von 2,5 bis 3,5 Kilometer gehen, circa eine Stunde dauern und über Stock und Stein querfeldein gehen, sauen sich die Sportler besonders bei regnerischem Wetter so richtig ein. „Den Rennanzug weicht mein Mechaniker direkt nach einem Wettkampf mit irgendwelchen harten chemischen Mitteln ein“, erzählt Walsleben. „Dann bekomme ich auch meistens zu Hause alle Flecken wieder heraus.“
Ein Sache schiebt er dann noch hinterher: „Mittlerweile schaffe ich es auch, unter der Dusche die Ohren richtig sauber zu machen.“
Luisa Müller
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