Von Michael Meyer: Drei Punkte und ein herber Verlust

Das Gute vorneweg: Der Deutsche Frauenfußball-Meister Turbine Potsdam gewann am Sonntag sein Bundesliga-Heimspiel gegen den SC 07 Bad Neuenahr durch ein Tor Anja Mittags (84.) mit 1:0 (0:0) und baute damit seinen Vorsprung in der Tabelle aus, da der bisherige punktgleiche Verfolger VfL Wolfsburg bei der SG Essen-Schönebeck mit 2:3 verlor; Zweiter ist jetzt der FCR Duisburg mit zwei Zählern Rückstand zu Turbine.

Das war es aber auch schon, was an Gutem aus dem Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion zu vermelden ist. Zum einen nämlich präsentierte sich der Titelverteidiger vor 1460 Zuschauern alles andere als meisterlich und verdankte seinen Sieg auch viel Dusel. Zum anderen sah Fatmire Bajramaj nach dem Abpfiff noch Gelb-Rot, als sie sich – seit der 77. Spielminute bereits gelb-belastet – in ein Rededuell mit Schiedsrichterin Anja Kunick aus Lissa (Sachsen) begab. „Unsportlichkeit nach Spielschluss gegen die Schiedsrichterin“ hieß es später als Begründung auf dem Spielberichtsbogen zu dieser Szene. Bajramaj ist dadurch im nächsten Punktspiel am kommenden Sonntag in Duisburg gesperrt, und Potsdams Cheftrainer Bernd Schröder geriet in Rage. „Wir haben mit Gottes Hilfe gewonnen, da lässt man so etwas sein“, schimpfte er. „Das war völlig überflüssig – sowohl von Lira als auch von der Schiedsrichterin.“ Kunick hätte sich, so der Coach, auch wegdrehen und Größe zeigen können.

„Wir müssen“, so Schröder, „die Fehler aber nicht beim Gegner oder der Schiedsrichterin suchen.“ Die Potsdamerinnen machten sich gestern vielmehr selbst das Leben schwer, weil sie in Halbzeit eins überhaupt nicht ins Spiel fanden. Bad Neuenahr konnte oft nach Belieben schalten und walten. Nach einer Viertelstunde parierte Turbine-Torfrau Desiree Schumann einen Schuss Nicole Rolsers von der Strafraumgrenze gerade noch so (15.), dann schlug Jennifer Cramer einen Kopfball Marie Pykos von der Linie (18.). Cramer war erst am Samstag von der U17-WM aus Trinidad und Tobago heimgekehrt, erfuhr am Abend von ihrem ersten Bundesliga-Einsatz und erzielte gestern – noch mit dem Jetlag in den Knochen – an der linken Seite kaum Wirkung. Ihre beste Szene hatte sie gleich zu Beginn, als ihr Schuss nach einem Mittag-Freistoß von Bianca Rech gerade noch entschärft wurde (3.). „Ich musste sie gleich einsetzen, denn Daniela Löwenberg und Corina Schröder waren in der Woche krank, und Inka Wesely ist noch im Aufbautraining“, begründete Schröder später seine Entscheidung.

Nach dem Seitenwechsel kam Turbine besser ins Spiel, denn Schröder stellte um und ließ die eingewechselte Marie- Louise Bagehorn hinter nun nur noch zwei Spitzen (Mittag, Bajramaj) spielen, verstärkte so Potsdams Mittelfeld. Doch der Gast blieb bei Kontern kreuzgefährlich; vor allem Nationalspielerin Celina Okoyino Da Mbabi machte das Treiben verrückt. Zweimal rettete Schumann mit Glanzparaden gegen sie (47., 82.), einmal war Bianca Schmidt im letzten Moment zur Stelle (49.). Als sich die Zuschauer schon mit einer Punkteteilung anfreundeten, schlug Turbine aber doch noch zu: Einen Gewaltschuss Jennifer Zietz’ von halbrechts konnte SC-Schlussfrau Nadine Richter nur wegfausten. Mittag sprintete heran und traf mit einem Flachschuss aus spitzem linkem Winkel durch Richters Beine in die lange rechte Ecke. „Das Tor ist auch ein bisschen glücklich gefallen“, meinte Mittag später. „Wir sind als Mannschaft noch lange nicht da, wo wir sein wollen, aber die zweite Halbzeit war ein kleiner Schritt nach vorn.“

Morgen wird Turbine nach Finnland fliegen, wo am Mittwoch bei Aland United das Hinspiel der 2. Champions-League-Runde ansteht. Bajramaj und die noch rot-gesperrte Tabea Kemme dürfen dort mitspielen, am Ende der englischen Woche beim FCR Duisburg nicht. „Das“, gestand Anja Mittag, „ist schon frustrierend.“

Turbine: Schumann; Schmidt, Peter, Henning; Keßler (78. Löwenberg), Zietz, Odebrecht, Cramer (46. Bagehorn); Nagasato, Bajramaj, Mittag.