Landeshauptstadt: Drewitz soll Vorzeigestadtteil werden
Bis 2050 könnte die Plattenbausiedlung komplett klimaneutral sein – und das bei niedrigen Mieten
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Drewitz - Starker Verkehr, heruntergekommene Plattenbauten, schlechte Infrastruktur und einkommensschwache Einwohner – Drewitz gilt als wenig attraktives Viertel. Doch seit rund fünf Jahren arbeitet die Stadt an einer Aufwertung, hat mit der Sanierung der kommunalen Wohnblöcke begonnen und einen Park angelegt. Doch die ehrgeizigen Ziele gehen noch weiter: Drewitz soll als erster Stadtteil Potsdams vollkommen klimaneutral werden. Ein entsprechendes Konzept wurde am gestrigen Dienstag vor Journalisten vorgestellt, am heutigen Mittwoch wird es den Stadtverordneten vorgelegt.
Erarbeitet wurde es unter anderem von der Potsdamer Stadtverwaltung, den Stadtwerken und der Pro Potsdam, dem kommunalen Wohnungsbauunternehmen, dem ein Großteil der Wohnungen gehört. Sie wollen bis zum Jahr 2050 den Energieverbrauch in Drewitz halbieren – hauptsächlich durch die energetische Sanierung aller Gebäude. Im gleichen Zeitraum soll der CO2-Ausstoß drastisch gesenkt werden, auch durch eine Reduzierung des Autoverkehrs. Dafür sollen Fuß- und Radwege sowie der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und Car-Sharing angeboten werden. Zudem ist geplant, Fernwärme und Strom künftig überwiegend aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.
All diese Maßnahmen sollen aber sozialverträglich sein – mit anderen Worten: Einkommensschwache Bewohner sollen nicht durch höhere Mieten vertrieben werden. Dies funktioniert nur, weil die Gartenstadt Drewitz als Modellprojekt zu 65 Prozent durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert wird – als eine von bundesweit 60 Modellregionen.
Einen ersten Block mit 200 Wohnungen hat die Pro Potsdam bereits saniert und die Mieten tatsächlich vergleichsweise moderat erhöht. Statt vorher 4 bis 4,20 Euro pro Quadratmeter würden jetzt 5,50 Euro genommen, sagte Pro-Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal am Dienstag. Zumindest gilt das für die 120 direkt geförderten Wohnungen in dem ersten Block. Die restlichen 80 Wohnungen kosten teilweise bis zu 7,50 Euro pro Quadratmeter – doch das ist auch gewollt, wie Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) hinzufügte. Denn in Drewitz sollen künftig auch Menschen mit mittlerem Einkommen wohnen, die Stadt will aus dem Stadtteil ein durchmischtes Wohngebiet machen. „Die negative Entwicklung, die dort bis 2009 verzeichnet wurde, wollen wir nicht mehr. Damals kam für jeden, der aus Drewitz wegzog, ein neuer Mieter mit noch geringerem Einkommen.“
Dass die Drewitzer das Projekt annehmen, zeigt aus Sicht der Stadtverwaltung die hohe Quote an Rückkehrern. Während der Sanierung mussten die Bewohner des ersten Blocks ausziehen, doch 85 Prozent von ihnen kehrten zurück. Die restlichen 15 Prozent hätten sich ein Eigenheim gebaut oder hätten einen zweimaligen Umzug abgelehnt, etwa aus Altersgründen. „Dass jemand aus wirtschaftlichen Gründen nicht zurückgekommen ist, halte ich für ausgeschlossen“, sagte Klipp.
Nach anfänglicher Skepsis seien die Leute nun hoch erfreut über ihre neuen Wohnungen, sagte auch Klaus Mohrholz- Wensauer, seit 2010 Vorsitzender der Bürgervertretung in Drewitz. In der alten Platte lebe es sich nun wie in einem Neubau, mit neuen Leitungen, neuen Fenstern und mehr Aufzügen. Und das für die gleiche Warmmiete – das ist zumindest die Hoffnung der Bewohner. Denn was nun zusätzlich an Miete bezahlt werden muss, kommt durch die Einsparungen bei der Heizungen wieder rein.
Mohrholz-Wensauer lobte auch die starke Bürgerbeteiligung in Drewitz. Durch die Bürgervertretung hätten die Anwohner einen ständigen Ansprechpartner – den sie offenbar auch rege nutzen: „Bei uns im Büro kommen ständig Bewohner vorbei. Manchmal geht es nur um Kleinigkeiten, wie die Höhe des Randsteins.“ Die Bürgervertretung bemühe sich, alle Fragen zu beantworten oder an die Stadt weiterzugeben. So fühlten sich die Anwohner gut eingebunden.
Für Klipp ist das Projekt jetzt schon ein Erfolg. „Zu Beginn meiner Amtszeit waren mir vor allem zwei Dinge wichtig: das Projekt Gartenstadt Drewitz und das Projekt Potsdamer Mitte. Und beides entwickelt sich ganz hervorragend“, sagte er. Und aus Sicht von Pro-Potsdam-Chef Westphal gibt es schon ein erstes Anzeichen für eine Verbesserung des Stadtteils: An der Drewitzer Grundschule seien erstmals auch viele Kinder aus dem benachbarten Kirchsteigfeld angemeldet worden, sagte er. „Früher gab es so etwas nicht. Drewitz war ja eher abgekoppelt.“
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