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Aufstocker mit Minijobs, wie es sie bei Friseuren gibt, werden benachteiligt.

© T. Rückeis

Landeshauptstadt: DRK: Aufstocker bei Elterngeld-Einsparung bestraft

Bis zu 550 Alleinerziehende in Potsdam betroffen, wenn Lohnersatz auf Transfergeld angerechnet wird

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Fast 550 alleinerziehende Mütter und Väter, deren niedrige Einkommen von der Potsdamer Hartz-IV-Agentur Paga aufgestockt werden, erhalten womöglich künftig weniger Unterstützung, wenn sie Elterngeld beziehen. Die Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familienplanung und Sexualität des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Potsdam hat wegen der geplanten Sparmaßnahmen im Bund Alarm geschlagen.

Wie die Diplom-Sozialarbeiterin Corinna Kmezik gestern schilderte, soll künftig das Elterngeld von 300 Euro auf staatliche Transferleistungen angerechnet werden. Auch bei den sogenannten Aufstockern, also Menschen, die vom Arbeitseinkommen allein nicht leben können und zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten, solle das Elterngeld gegen die Transferleistungen gerechnet werden. „Das heißt, dass im schlimmsten Fall, also 14-monatiger Elterngeld-Zahlung, 4200 Euro weniger im Geldbeutel sind“, so Kmezik. Insbesondere Alleinerziehende würden durch die Sparmaßnahme bestraft.

Anhand einer Beispielrechnung, „die aus dem Leben unserer Beratungen gegriffen ist“, wie Kmezik betonte, hat sie die Auswirkungen berechnet. Erhielt eine alleinerziehende Mutter mit 400- Euro-Minijob im Einzelhandel und zwei Kindern 668,77 Euro vom Amt zur Aufstockung, sind es nur noch 368,77 Euro, falls die Bundesregierungspläne für den Haushalt 2011 durchgesetzt werden. Nicht nur im Einzelhandel seien Minijobs anzutreffen. Auch bei Dienstleistungen wie im Friseurgewerbe gebe es Arbeitsplätze auf 400-Euro-Basis, auf die besonders häufig Mütter zurückgreifen müssten, „weil die Rahmenbedingungen fehlen“, so die DRK-Abteilungsleiterin für Sozialarbeit, Viola Berger.

SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein, die sich gestern über die Auswirkungen der geplanten Sparmaßnahmen an der Basis informierte zeigte sich geschockt. „Das Elterngeld war als Lohnersatzleistung gedacht“, erklärte sie. 67 Prozent des Einkommens vor der Geburt des Kindes sollte das Elterngeld für zwölf, höchstens 14 Monate betragen. „Es ist schon zynisch, dass Arbeitslose bestraft werden sollen, weil sie kein Einkommen haben“, so Wicklein. Denn auch bei frischgebackenen Eltern, die arbeitslos sind, werde das Elterngeld auf die Transferleistungen angerechnet. „Doppelt bestraft werden die, die arbeiten gehen, vom minimalen Lohn aber nicht leben können und deshalb Abzüge haben“, so Wicklein. Sie sicherte zu, dass bei den Haushaltsberatungen, die in dieser Woche im Bundestag anstehen, auf Änderungen zu drängen. „Da ist noch einiges in Bewegung, auch die CDU-Familienministerin ist sensibilisiert“, so Wicklein.

Die DRK-Beratungsstelle in der Potsdamer Alleestraße führt jährlich rund 1200 Gespräche zu Schwangerschaft und Familienplanung durch, bietet auch die Konfliktberatung für Schwangerschaftsabbrüche an. In gut 85 Prozent der Beratungen spiele bei künftigen Eltern die finanziellen Sorgen eine Rolle, sagte Sozialarbeiterin Corinna Kmezik.KG

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