Aus dem GERICHTSSAAL: Druck des schwarzen Blocks
Kein Verstoß gegen Versammlungsgesetz/Freispruch
Stand:
Besonders hohe kriminelle Energie sah die Vertreterin der Staatsanwaltschaft nicht. Ein strafbares Verhalten sei dennoch gegeben, führte sie in ihrem Plädoyer aus und beantragte, den Chef der Wählergemeinschaft „Die Andere“ Lutz Boede wegen Zuwiderhandlung gegen das Versammlungsgesetz zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 25 Euro zu verurteilen. Das Gericht unter Vorsitz von Thomas Lange sprach den Stadtverordneten gestern allerdings von dem Vorwurf frei, bei einer Demonstration anlässlich des Außenministertreffens der G 8-Staaten in Potsdam das Kommando zum Loslaufen zu früh erteilt zu haben. Es glaubte nicht, dass Boedes Aufforderung „den Druck des schwarzen Blocks, der sowieso schon drängelte und dadurch eine Auseinandersetzung mit der Polizei provozierte“, erhöht hat.
Am 15. Mai 2007 meldete Lutz Boede im Auftrag des Anti–G 8–Bündnisses Potsdam beim Polizeipräsidium die Demonstration für den 30. Mai an. Sie sollte um 16 Uhr mit einer Auftaktversammlung auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs in der Babelsberger Straße beginnen, sich eine Viertelstunde später in Richtung Neuer Garten in Gang setzen. Als Verzögerungen eintraten, weil ein Lautsprecherwagen nicht rechtzeitig da war, der Straßenverkehr immer noch rollte, machte sich bei Versammlungsleiter Boede und den Demonstranten Unmut breit.
„Per Funk erhielt ich die Mitteilung, es dauert noch zehn Minuten, bis die Strecke frei ist“, berichtete eine Polizeibeamtin im Zeugenstand. „Herr Boede war recht aufgebracht und hektisch. Er sagte, das sei Schikane. Dann drehte er sich zu den Demonstranten um und gab ihnen zu verstehen, es würde jetzt losgehen.“ Daraufhin hätten sich etwa 20 Personen auf die Straße begeben. Dort seien sie von der Polizei zurückgedrängt worden.Wenig später setzen sich die rund 1000 Teilnehmer geordnet in Bewegung.
Ein während der Verhandlung abgespieltes Video zeigte eine Gruppe schwarzgekleideter junger Männer, die sich ein kurzes Gerangel mit den Ordnungshütern liefert. Beinahe zeitgleich fordert eine Lautsprecherstimme, den Demonstrationszug bei der nächsten Zwischenkundgebung etwas aufzuhalten. „Es bestand die Gefahr, dass die Demonstranten den Weg der Außenminister kreuzen würden“, erzählte eine weitere Beamtin vor Gericht. „Deshalb sollten sie noch nicht loslaufen.
„Die Polizei äußerte den Wunsch, die Demonstration erst um 17 Uhr beginnen zu lassen“, informierte Lutz Boede. Darauf habe er sich nicht eingelassen, schließlich habe der Zug eine zeitliche und räumliche Nähe zu den Ereignissen beabsichtigt. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Polizei eine halbe Stunde braucht, um den Verkehr abzusperren. Und notfalls wären wir auch ohne den zweiten Lautsprecherwagen losgelaufen.“ Boede wehrte sich gegen den Vorwurf, den Demonstranten das Kommando zum Aufbrechen erteilt zu haben. Er kritisierte die aus seiner Sicht übermotivierten Polizeibeamten der Berliner Hundertschaft, die zur Sicherung der Demonstration eingesetzt war. „Wenn es ihnen dennoch nicht gelingt, die Straße rechtzeitig zu sperren, dann ist das nicht meinem Mandanten anzulasten“, stellte Verteidiger Felix Isensee klar. Hoga
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