Landeshauptstadt: Dschungel im Kopf
Humboldtianer gewinnen „Odyssey of the Mind“
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Berlin/Potsdam - Auf der Bühne stapeln drei Jugendliche Gewichte auf ein winziges Holztürmchen, daneben tanzen weitere drei in bayrischer Trachtenkleidung um einen Pappbaum herum und aus den Lautsprechern schallt es dazu: „Mir san die lustigen Holzhackerbuam!“ Die anfängliche Ratlosigkeit des Zuschauers über diese Darbietung weicht nur langsam. Es braucht eine Weile, bis sich ihm erschließt, dass der Baum eine Nachbildung des Turms ist und der Tanz spielerisch mit dem Thema Holz umgeht. Doch die Aufführung ist Teil des bundesweiten Schülerwettbewerbs „Odyssey of the Mind“, der Kreativität fördern möchte – und unkonventionelles Denken kann da auch den Besuchern nicht schaden.
Denn genau dies wird von der Jury bewertet: Wie einfallsreich lösen die Schüler die Aufgaben, in diesem Fall das Zusammenspiel zwischen der Holzhacker-Choreographie und der Aufgabe, einen Holzturm mit zum Teil vorgegebenen Maßen so zu konstruieren, dass er möglichst viel Gewicht aushält?
In dieser Disziplin und vier weiteren wurde am Wochenende in der Berliner John-F.-Kennedy-Schule die Deutsche Meisterschaft von „Odyssey of the Mind“ ausgetragen, an der 50 Mannschaften aus Deutschland und Gast-Teams aus China, Russland und der Ukraine teilnahmen. Die Schüler des Potsdamer Humboldt-Gymnasiums erstritten sich in der Altersklasse der 15- bis 19-Jährigen den ersten Platz mit ihrer Aufführung eines Dschungeltheaterstücks. Ende Mai fliegen sie in die USA, um dort bei der Weltmeisterschaft gegen internationale Konkurrenz anzutreten.
Dass die Bewertung von Kreativität immer auch eine subjektive ist, „wissen die Kinder natürlich“, so der Wettkampfdirektor Stefan Hübner. „Aber es geht vor allem darum zu lernen, Aufgaben so zu lösen, wie man es sonst nicht macht. Es kommt vor, dass Schüler die Meinungen der Jury nicht immer teilen, aber das ist dann eine Erfahrung, die sie eben auch machen müssen. Der Spaß steht im Vordergrund, deswegen gibt es auch keine materiellen Anreize.“
Für Potsdamer Schulen hat die Teilnahme an der „Odyssey of the Mind“ Tradition: Die Fontane-Gesamtschule ist seit neun Jahren jedes Mal dabei und war 2003 und 2004 Deutscher Meister, landet aber genau wie das Leibniz-Gymnasium diesmal lediglich auf Platz 4. Auch das Team des Schiller-Gymnasiums bleibt dieses Jahr zu Hause. Sein Turm hält am Ende 275 Kilo aus – zusammen mit den Punkten für die Tanznummer reicht es nur für den zweiten Platz. „Enttäuscht bin ich aber nicht wirklich“, sagt Tarik Fergin, 17, „vielleicht haben wir uns das einfach ein bisschen zu leicht vorgestellt, weil wir letztes Jahr Vizeweltmeister geworden sind.“ Und er weiß schon jetzt: „2007 sind wir wieder mit dabei.“ Matthias Oden
Matthias Oden
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