Landeshauptstadt: Durch das Nauener Tor gezuckelt
Hundert Jahre „Elektrische“ begeht der Verkehrsbetrieb mit einem großen Fest
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Hundert Jahre elektrische Straßenbahn – für dieses Jubiläum laufen beim Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) derzeit die Vorbereitungen auf Hochtouren. Mit einem großen „Bürgerfest“ zwischen Wilhelmgalerie und Nauener Tor will das Verkehrsunternehmen am 2. September dieses denkwürdige Jubiläum feiern. Fast auf den Tag genau vor hundert Jahren zuckelte an diesem Tag die erste elektrisch betriebene Straßenbahn durch das Nauener Tor hindurch nach Norden. Die zweite Tramlinie verkehrte in den Westen bis zum Bahnhof Charlottenhof.
Während in anderen großen Städten schon elektrische Bahnen verkehrten, in Halle beispielsweise ab 1891, gab es in Potsdam bis 1907 noch Pferdebahnen, welche die Fahrgäste durch die Brandenburger Straße beförderten. Die Oberleitungen würden das Stadtbild der Residenzstadt verunstalten und der Strom die wissenschaftlichen Messungen auf dem Telegrafenberg beeinträchtigen, so die Begründung. Schließlich kam der Fortschritt doch zum Durchbruch und das Straßenbahnunternehmen war sogar ein „lukratives Geschäft“, wie Volkmar Wagner berichtet. Wagner, langjähriger Mitarbeiter beim ViP und jetzt Betreiber eines Büros „Mobilität und Touristik“ in Babelsberg, ist mit der Vorbereitung des Jubiläums befasst. Auf einer Tram-Tour mit dem Jubiläums-Combino informierte er gestern über den Stand der Vorbereitung. Mit dem „lukrativen Geschäft“ ist es bei der Straßenbahn lange vorbei. Der Zuschussbetrieb buhlt um Fahrgäste, nicht zuletzt mit dem Bürgerfest, um die Finanzspritzen der Stadt so gering wie möglich zu halten. Zu einem fahrenden Museum ist bereits der erwähnte Jubiläums-Combino mit der Wagennummer 407 umgestaltet. Ein überdimensionaler Stadtplan mit den Straßenbahnlinien bildet die Außenhaut und im Inneren ermöglicht eine Bildergalerie eine Sicht in die Straßenbahngeschichte und in das Potsdam von gestern und vorgestern.
Wagner, der auch Vorsitzender des Vereins „Historische Straßenbahnen Potsdam“ ist, berichtet über den Fahrzeugkorso, der zum Jubiläum zu erleben sein wird. Zwar seien keine Vorkriegsmodelle mehr vorhanden, doch der Verein sei dabei, aus Originalteilen und Ergänzungen den Triebwagen von 1907 wieder herzustellen – ein 420 000 Euro teures Unterfangen. Ansonsten behilft sich der ViP bei den historischen Fahrzeugen mit Bahnen aus Mariazell in Österreich sowie aus Magdeburg und Rostock. Die Straßenbahn, die aus Österreich kommt, stammt sogar aus dem Jahr 1900. Ein Nova-Triebwagen aus Rostock erinnert daran, wie die ersten Nachkriegsbahnen aussahen.
„Potsdam avanciert zu einem der modernsten Verkehrsbetriebe in Deutschland“, lobt sich der Verkehrsbetrieb in einer Mitteilung selbst. Die Einführung eines Verkehrsleitsystems, die komplette Modernisierung der Tatra-Bahnen und die Beschaffung einer „neuen Tram-Generation“ hätten technische Meilensteine gesetzt. Außerdem sei das Liniennetz seit 1990 ausgedehnt und ein Taktverkehr unter Beibehaltung des Nachtverkehrs eingeführt worden. Günter Schenke
Günter Schenke
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