Landeshauptstadt: Durch den Landschaftsgarten und die Steppe
Zweite Tour „Potsdam erleben“ führte von der Glienicker Brücke über den Neuen Garten zur Lennéschen Feldflur: Herrliche Weitblicke vom Park und von der Lindenallee zum Belvedere – bunte Spätsommerblüte auf den
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Zweite Tour „Potsdam erleben“ führte von der Glienicker Brücke über den Neuen Garten zur Lennéschen Feldflur: Herrliche Weitblicke vom Park und von der Lindenallee zum Belvedere – bunte Spätsommerblüte auf den Bornimer Brachflächen Die Luft flimmerte über der blühenden Feldflur. Und in der drückenden Mittagshitze werden die Füße der Wanderer schwerer und schwerer. „Warum tue ich mir das an“, war schon mal auf dem Weg über die wieder hergestellte Lindenallee durch die steppenartige Wiesenlandschaft zu hören. Doch am Ende siegte der Ehrgeiz, die fünfzehn Kilometer der zweiten PNN-Wanderung „Potsdam erleben“ bei guter Laune zu bewältigen. Hans Palm, Vereinsvorsitzender der „Brandenburgischen Wanderfreunde Potsdam“, hatte die Route ausgearbeitet. „Wir wollten zeigen, dass es um Potsdam herum herrliche Wege mit viel Grün gibt“, sagt er. Die Lennésche Feldflur, in einem europaweit einmaligen Projekt um die Wende zum 21. Jahrhundert wieder hergestellt, entschädigte die Wanderer durch ihre farbenfrohe Spätsommerblüte. Das strahlende Gelb der Goldrute scheint alles zu überdecken, dazu bilden die violetten Farbtupfer der Malven sowie das Blau des Wiesenstorchschnabels und des Natternkopfes einen schönen Kontrast. Nicht auszudenken der Anblick, wenn sich in der sinkenden Sonne die Blüten der zahlreichen Nachtkerzen öffnen. Vor der Expedition durch die blühende „Steppe“ in Potsdams Norden, nach Durchwandern von Neuem Garten, Pfingstberg und Kleingartenanlage „Im Grund“, gab es erst mal eine Rast an der Straße Am Golfplatz. Wolfgang Altmann war mit seinem exzellent restaurierten Trabant-Kübelwagen aus Kleinmachnow hier angelandet und wartete mit Kartoffelsuppe und Würstchen schon auf die Wandertruppe. So gestärkt ging es anschließend vorbei an den mächtigen Eichen des Nedlitzer Holzes südlich am Weißen See vorbei: eine Art Urwald und dazwischen blinkender Wasserspiegel des Sees auf der rechten Seite und ein umgepflügtes Stoppelfeld auf der linken. Im Gänsemarsch bewegte sich die zwanzigköpfige Truppe auf dem schmalen von Feldmäusen unterminierten Wanderweg. Ein Höhepunkt: der Persiusturm am Max-Eyth-Institut für Agrartechnik. Der Turm, zur Bundesgartenschau 2001 sorgfältig restauriert, ist der Rest des hier einst vorhandenen Krongutes Bornim, dessen Baulichkeiten nach der Besetzung durch die Russen im Jahre 1945 abbrannten. Heute dient der Turm als UMTS-Mobilfunk-Antenne. Leider machte die Wanderroute nicht einen kleinen Schlenker zum Gutsgarten, der ebenfalls rekonstruiert ist und im Juli 2001 eingeweiht wurde. Keine Spur erinnert heute mehr an die großen Baulichkeiten aus der DDR-Zeit, an die Betonbauten der Versuchsanstalt für Pestizide, an den Getreidespeicher, die Biogasanlage, an Lagerhallen, Ställe und andere Profanbauten. Von Ferne ist das Instituts für Agrartechnik Bornim zu sehen. Am Wegesrand fällt der Blick auf die „Rohstoffplantage“ des Instituts, das hier Anbauversuche mit nachwachsenden Rohstoff- und Energiepflanzen unternimmt. Unter anderem handelt es sich um Hanf und Topinambur. Begonnen hatte die Wandertour an der Schwanenallee, die an der Glienicker Brücke in Richtung des Neuen Gartens abbiegt. „Das war hier alles Grenzgebiet“, erklärt Wanderleiterin Martina Jähn. Und wer lange nicht hier war, erkannte das „Grenzgebiet“ nicht wieder. Unter Federführung des Bereichs Grünflächen der Stadt Potsdam ist ein wunderschöner Uferpark mit neu angelegten Wegen entstanden, der den Parkanlagen des Neuen Gartens in nichts nachsteht. Die Bewohner der Einfamilienhäuser und Villen an der Schwanenallee genießen von ihren Terrassen aus einen beneidenswerten Blick über die zum See erweiterte Havel hinüber zur Sacrower Heilandskirche. Das wieder aufgebaute Tor der ehemaligen kaiserlichen Matrosenstation beherrscht das Ende der Schwanenallee, die an der Schwanenbrücke in den Neuen Garten übergeht. Die Brücke überspannt den Hasengraben seit dem Jahre 1790. Nur ein kleiner Rest der einst vier eisernen Schwäne, welche die Brückenpfeiler schmückten, ist noch zu besichtigen. Der Verein Berliner Vorstadt setzt sich für die Rekonstruktion der Brücke mit den Schwänen ein. „Genießen Sie den Blick über den Heiligen See hinüber nach Potsdam“, fordert Martina Jähn die Wanderfreunde an der kleinen Wegbiegung zum Grünen Haus auf. In der Tat, der Anblick ist einmalig. Er schweift nämlich über die zahlreichen nackten Hinterteile der hier im Gras des Parkes lagernden Menschen hinüber zum teilweise eingerüsteten Marmorpalais, zur Gotischen Bibliothek und bis weit in die Stadt mit der alles überragenden Kuppel der Nikolaikirche. Das Ufer des Heiligen Sees ist zum FKK-Badestrand geworden, wobei die Badelustigen die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ausgewiesene Liegewiese ignorieren und lieber die Wassernähe bevorzugen. König Friedrich Wilhelm II. hatte die schöne Umgebung am Heiligen See als Insel der Ruhe und Geborgenheit abseits der Stadt parkartig anlegen lassen. Er schätzte den Landschaftsgarten mit seinen weitläufigen Sichten. An vielen historischen Orten geht es vorbei: am Kaiserin Augusta-Stift, in dem exklusive Eigentumswohnungen entstehen; am Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes an der Leistikowstraße, am Pomonatempel von Karl Friedrich Schinkel und schließlich am strahlenden Belvedere auf dem Pfingstberg. „Das muss ich alles noch mal in Ruhe durchwandern oder mit dem Fahrrad erkunden“, war oft zu hören.
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