Landeshauptstadt: „Durch die kalte Küche“
300 Teilnehmer bei Mai-Demonstration sowie ein Schlagabtausch zur Frage, ist Potsdam eine soziale Stadt?
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Stadtwerke, die den Aufsichtsratsmitgliedern nicht alles sagen und ein städtisches Wohnungsunternehmen, das nicht mehr die „verträglichsten Mieten aufruft“ – der Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hat am Tag der Arbeit die Politik der städtischen Unternehmen kritisiert. In einer Diskussion mit dem Potsdamer SPD-Chef Mike Schubert erklärte er, Potsdam sei zweifelsfrei eine der reichsten Städte der neuen Bundesländern und trage eine besondere Verantwortung gegenüber sozial schwachen Familien. Das sieht Schubert genauso, favorisiert dabei jedoch einen anderen Weg als der Linke. Nicht alles sollte geschenkt werden, Eigenverantwortung gehöre dazu, so seine Meinung.
Scharfenberg will beispielsweise immernoch ein kostenloses Schulessen für alle Kinder aus bedürftigen Familien. Das kann sich Schubert auch vorstellen, allerdings sollen die Familien einen Antrag stellen und ihre Bedürftigkeit nachweisen. Ein Anliegen, zwei Wege. Wie bei so vielen Dingen zwischen den beiden Kandidaten, die bei der Wahl am 27. September in den Landtag einziehen wollen.
Scharfenberg überraschte während der halbstündigen Diskussion allerdings mit Aussagen zu den Stadtwerken und der Wohnungsbaugesellschaft Gewoba. Er sei für sinkende Energiepreise in der Stadt, so Scharfenberg. Fühle sich dabei allerdings immer wieder im Aufsichtsrat im Stich gelassen. Er selbst sitzt dort seit mehr als einem Jahrzehnt – gelegentlich wird ihm vorgeworfen, sich durch Enthaltungen in den Abstimmungen nicht genug gegen Preissteigerungen eingesetzt zu haben. Am 1. Mai auf dem Luisenplatz sagte er, dass der Kleinstverbrauchertarif bei der letzten Preisrunde im Januar abgeschafft worden ist, „war in der Vorlage nicht zu erkennen“. Und: „Das ist durch die kalte Küche passiert.“ Damit warf er Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Paffhausen vor, die Aufsichtsratsmitglieder nicht ausreichend informiert zu haben. Seit 1. April gibt es den Tarif wieder – auf Druck der Kommunalpolitik. Denn sinkende Preise seien ein Instrument die Potsdamer zu entlasten, sagte Schubert. Dafür stehe er. Aktuell gibt es einen Antrag der SPD, dass beispielsweise der Fernwärmepreis zu senken sei. Scharfenberg wolle diesem zustimmen. Mietpreise seien ebenso ein Thema, bei dem die Stadt mit der eigenen Gewoba einen Hebel zur Preisgestaltung haben könnte. Scharfenberg sagte, aber das Unternehmen habe schon lange nicht mehr „die verträglichsten Mieten in der Stadt“. Auch Schubert meint, bei den Mieten müsse aufgepasst werden. Zudem sollte die Stadt stärker kontrollieren, ob die Wohnflächen in der Innenstadt auch als Wohnflächen genutzt werden. Es gebe häufig Hinweise, dass diese als Gewerbeflächen zweckentfremdet würden.
Damit die Mietpreise nicht weiter ansteigen, forderten beide eine Änderung der Wohnungsbauförderung. Es dürfe nicht mehr nur ein Abriss von Häusern gefördert werden, Potsdam brauche vielmehr ein Wohnungsbauprogramm. Schubert erklärte zudem, die Stadt müsse eigene Grundstücke bebauen, um keine Kosten für den Grundstückskauf zu haben. Dafür müssten auch einige Garagenstandorte weichen. Scharfenberg widersprach und wagte die These, Garagenstandorte würden die Plattenbaugebiete stabilisieren. Eine Meinung, der auch Moderator Tim Jaeger nicht folgen konnte. jab
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