Landeshauptstadt: Durchwachsene Bilanz für neuen Sozialträger Creso-Gesellschaft seit einem Jahr in Potsdam
Knapp ein Jahr Arbeit, dafür rund 45 000 Euro Fördermittel von der Stadt – und 22 Menschen ohne Dach über dem Kopf oder kurz davor, die nun eine neue Bleibe gefunden haben. So liest sich die durchwachsene Bilanz der gemeinnützigen Creative Sozialarbeit (Creso) gGmbH, die seit knapp einem Jahr die aufsuchende Straßensozialarbeit mit Erwachsenen an sozialen Brennpunkten der Landeshauptstadt übernommen hat.
Stand:
Knapp ein Jahr Arbeit, dafür rund 45 000 Euro Fördermittel von der Stadt – und 22 Menschen ohne Dach über dem Kopf oder kurz davor, die nun eine neue Bleibe gefunden haben. So liest sich die durchwachsene Bilanz der gemeinnützigen Creative Sozialarbeit (Creso) gGmbH, die seit knapp einem Jahr die aufsuchende Straßensozialarbeit mit Erwachsenen an sozialen Brennpunkten der Landeshauptstadt übernommen hat. Nach elf Monaten Arbeit hat der in Potsdam neue Träger bei lediglich 39 Personen „persönliche Beratungen oder Kontaktaufnahmegespräche durchgeführt“ – mit einer jeweiligen Gesprächsdauer von 15 Minuten bis zu einer Stunde. Das sagte Jochen Becker, Chef des Sozialprojekts, den PNN auf Anfrage. Die Landeshauptstadt Potsdam zählte bei ihrer jüngsten Erhebung im September rund 200 Obdachlose.
Die relativ niedrige Zahl der Beratungen könnte für Zündstoff sorgen. Hintergrund: Vor einem Jahr hatte der Sozialbereich unter Dezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) entschieden, für das sensible Thema Straßensozialarbeit auf einen für Potsdam völlig neuen Träger zu setzen: Die Creso-Gesellschaft hat seit dem 1. Dezember 2010 die „aufsuchende Straßensozialarbeit“ mit Erwachsenen an sozialen Brennpunkten übernommen. Das zunächst auf zwei Jahre begrenzte Modellprojekt war eine Reaktion auf die Diskussion um ein – nicht beschlossenes – Alkoholverbot rund um den Hauptbahnhof. Die Creso hatte sich in einer Ausschreibung überraschend gegen das seit langem etablierte „Wildwuchs“- Streetworkprojekt der Diakonie durchgesetzt. Creso-Chef Becker war zuvor Prokurist bei der Treberhilfe, die über eine Tochterfirma ein Tierheim in Eiche bauen wollte – aber wegen des „Maserati“-Skandals nicht zum Zuge kam.
Die Arbeit nach fast einem Jahr schildert Creso-Chef Becker so: Die beiden Streetworker des Trägers würden Treffpunkte der „Zielgruppe“ aufsuchen und Hilfe anbieten. Allerdings: Wegen des vergangenen sehr kalten Winters seien damals in Potsdam so gut wie keine obdachlosen Personen aufgefallen, so Becker. So habe man sich auf Öffentlichkeitsarbeit – um sich etwa mittels Flyern bekannt zu machen – und die Kooperation mit der Suppenküche der Volkssolidarität konzentriert. Mit Frühlingsbeginn seien etwa am Bahnhof wieder mehr Obdachlose angetroffen worden. „Der Kontaktaufbau zu ihnen erfordert dabei das Herstellen einer Vertrauensbasis“, so Becker. Das brauche Zeit – etwa wegen Schamgefühlen der Betroffenen. „Dieser Annäherungsprozess dauert zurzeit noch an“, so Becker.
In diesem Winter wolle man etwa um Spenden für Schlafsäcke und warme Kleidung bei der Bevölkerung werben, um diese im eigenen Büro in der Gartenstraße in Babelsberg auszugeben. Geplant sei nach fast einem Jahr auch, Arbeitskleidung und Fahrräder für die Mitarbeiter zu stellen. Mit Stand Anfang November würden sieben Männer und eine Frau regelmäßig betreut – etwa bei Behördengängen. Ein Beispiel: „Seit geraumer Zeit“ betreue die Creso zwei Obdachlose, die in einer Garage in Babelsberg leben. „Wir beraten sie in ihren persönlichen Angelegenheiten, etwa zu finanziellen Sorgen.“ In einem weiteren Teil-Projekt der Creso sei eine erste betreute Wohngemeinschaft mit drei Plätzen für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Oktober eröffnet worden. „Es konnten insgesamt 22 Klienten in Wohnraum vermittelt werden“, so Becker. Die Mehrzahl dieser Klienten sei zwischen 21 und 27 Jahren alt.
Im Rathaus will man die geringen Fallzahlen noch nicht bewerten. In der Anfangszeit habe die Creso zunächst die in Potsdam vorhandenen sozialen Strukturen „kennenlernen“ und sich „vernetzen“ müssen, räumte Stadtsprecher Jan Brunzlow ein – auf dieses Prozedere hätten die in der Ausschreibung unterlegenen „Wildwuchs“-Streetworker wohl verzichten können. Im zuständigen Sozialausschuss ist die bisherige Arbeit der Creso noch nicht diskutiert worden. Brunzlow sagte, bei der Entscheidung über eine Fortführung des Modellprojekts nach zwei Jahren werde es auch um die Frage gehen, ob dieses soziale Angebot, das die Stadt pro Monat etwa 4000 Euro kostet, auf einen entsprechenden Bedarf stoße. H. Kramer
H. Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: