Landeshauptstadt: Duschkabine als Studio
Die neue Progressiv Beats-Reihe geht am Samstag weiter: Rap mit anspruchsvollen Texten
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BlockParty im Spartacus: Als der MC das Mikrophon in seine Hand nimmt, beginnt der DJ seine Plattenteller zu drehen. Er schiebt die Nadel rhythmisch vor und zurück, scratcht und lässt sie laufen. Der MC rappt ins Mikro, durch Kabel und Verstärker schießt er seinen Sprechgesang über die Lautsprecher zielgenau in die Ohren des lässig mit den Köpfen nickenden Publikums.
Progressive Beats heißt die neue Veranstaltungsreihe, die in Potsdam die Köpfe zum Nicken bringt. Nach dem Erfolg ihrer ersten Party kommt es am Samstag, dem 9. Februar, im Spartacus in der Schlossstraße zu einer Neuauflage der Hip-Hop-Jam, die jungen Künstlern eine Plattform bieten will. Ab 21 Uhr rappen „Radical Hype“ aus Bremen, „Aliens from Babylon“ aus Potsdam und „Kurzer Prozeß“ aus Neubrandenburg bevor „Branson“, „KaiKani“, „AK47 und Bauer“ die Plattenteller für die Party übernehmen.
Für Andrè, den Initiator der Progressive Beats, gab es keine attraktiven Hip-Hop-Veranstaltungen in Potsdam. Für ihn ist Hip-Hop eine Mitmachkultur, die aus Graffiti, Rap, DJing und Breakdance besteht. Die derzeitige Rap-Kultur bezeichnet der 24-Jährige aus der Waldstadt als degeneriert. „Hip-Hop wird immer mehr zum Kunstprodukt, Rap unterliegt dem Marketing und die Hörerschaft wird nur noch als Kundschaft gesehen. Jams sind nur noch Floskeln. Ich wollte das mit ändern.“ Engagement und Verantwortung sind ihm wichtig, Sexismus und Diskriminierungen, die sonst die Texte der MTV- Viva-Rapper dominieren, zählen nichts. „Wir wollen Rap mit anspruchsvollen politischen und kritischen Texten unterstützen, wie er in den USA seit Jahren von A Tribe Called Quest, Common oder auch De La Soul repräsentiert wird. Die Probleme liegen auch bei uns auf der Straße. Es reicht doch schon, wenn man mit offenen Augen durch die Waldstadt geht“, sagt Andrè.
Zum Hip-Hop kam er durch Mixtapes, die er in der Schule tauschte. Er hörte sie an, versuchte sich selbst am Rappen und nach ersten Peinlichkeiten nutze er einen Computer und seine Duschkabine als Tonstudio – und produzierte selber. „Das Gute am Hip-Hop ist, dass ich was erzählen kann. Man braucht nichts, außer etwas Übung, ein Publikum – und los geht“s. Das Blamieren gehört dazu.“
Zum Schluss des Gesprächs sagt er noch: „Die Gesellschaft spiegelt sich auch im Rap wieder.“ Eine beängstigende Vorstellung bei den Bushidos, Sidos, Flers und Massivs. Es wird also Zeit, das Potsdams Progressive Beats im Spartacus mit ihren Rappern und DJs für eine Hip-Hop-Jam sorgen, die beim Publikum den Kopf nicken lässt – auch wenn die Party längst vorbei ist. Flö
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