Aus dem GERICHTSSAAL: Ecstasypillen bei Kontrolle entdeckt
Von Kumpels zu Unrecht beschuldigt / Freispruch
Stand:
Die fünf Potsdamer wollten sich in Bayern ein paar schöne Tage machen. Schon auf der Hinfahrt im Auto war die Stimmung ausgelassen – so ausgelassen, dass das Quintett der Polizei am 20. Oktober vorigen Jahres auf der Autobahn auffiel. Die Beamten stoppten das Fahrzeug und stellten fest, dass die Insassen mehr oder weniger unter Drogen standen. Im Kraftfahrzeug selbst entdeckten die Ordnungshüter ein Tütchen mit 81 Ecstasy-Pillen. Die sollten angeblich niemandem gehören. So fiel der Verdacht auf Tino T., den Eigentümer des Autos.
Da er während des Ermittlungsverfahrens von seinen Kumpels belastet wurde, stand für die Staatsanwaltschaft fest, den Richtigen erwischt zu haben. Jetzt musste sich der 20-Jährige wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vor dem Jugendgericht verantworten. Tino T. beteuerte seine Unschuld und bestritt entschieden, vor Fahrtantritt gewusst zu haben, was er da in seinem Mobil transportierte.
Während der Verhandlung wendete sich das Blatt dann zu Gunsten des Angeklagten. Als sein Bekannter Benjamin B. (20) in den Zeugenstand gerufen wurde, plagte ihn das schlechte Gewissen sichtlich. „Ein Freund von mir soll nicht für eine Sache bestraft werden, mit der er nichts zu tun hat“, erklärte er. „Die Tabletten gehörten mir. Ich hatte sie ein paar Tage zuvor in einer Disko gekauft. Wir wollten sie in Bayern einnehmen.“ Die Jugendrichterin staunte nicht schlecht. „Sie waren zu fünft und wollten 80 Ecstasy-Pillen schlucken?“ Dann belehrte sie den Zeugen, er müsse nicht aussagen, wenn er sich dadurch selbst belasten würde. Doch Benjamin B. wollte reinen Tisch machen. „Ich habe meinen Kumpels erst auf der Fahrt gesagt, dass ich die Dinger dabei habe. Tino hat mit der ganzen Aktion nichts zu tun.“ Es könne sein, dass der Angeklagte, der sie damals chauffierte, dies nicht hören konnte, da die Musik im Auto sehr laut gewesen sei, mutmaßte der Zeuge.
Sein Kumpel David D. (20) betonte hingegen: „Ich habe nichts von den Pillen gewusst. Ich war ganz überrascht, als die Polizei das Zeug im Auto gefunden hat. Später sagte mir Benjamin, er hätte die Tabletten für unsere Fahrt besorgt.“
„Einer von Ihnen lügt“, stellte Oberstaatsanwalt Benedikt Welfens klar. „Sollte sich allerdings erweisen, dass der Zeuge Benjamin B. der Eigentümer der 81 Ecstasy-Pillen war, müsste er mit einem Verfahren rechnen.“ Dieser Nachweis dürfte allerdings schwer zu führen sein. Die Kriminaltechniker konnten auf dem sichergestellten Tütchen keine verwertbaren Fingerabdruckspuren sichern.
„Es ist nicht nachweisbar, dass die Pillen dem Angeklagten gehörten. Wir können auch nicht belegen, dass er wusste, sie in seinem Auto durch die Gegend zu fahren“, konstatierte die Vorsitzende. „Wieso soll der Zeuge Benjamin B. eine Verurteilung wegen illegalen Drogenbesitzes riskieren, wenn er mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun hat?“, fragte sie. Tino T. wurde nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: