Aus dem GERICHTSSAAL: Ehefrau: „Ich hatte Todesangst!“
53-Jähriger wegen Mordversuchs angeklagt
Stand:
Udo S. (53) hat eine Angststörung. „Wenn ich die Wohnung verlassen muss, fange ich an zu zittern, bekomme Herzrasen und Schweißausbrüche. Ohne Alkohol oder Medikamente geht gar nichts“, erzählte der kräftige Mann mit der Glatze. „Dann kann ich nicht einmal den Müll rausbringen. Ich bin von meiner Frau abhängig.“ Doch in der Nacht des 19. August vorigen Jahres richtete sich der Zorn des gelernten Lok-Schlossers ausgerechnet gegen die Gattin, mit der er inzwischen 14 Jahre verheiratet ist. Seit gestern muss sich Udo S. unter anderem wegen versuchten Mordes vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Laut Staatsanwalt Peter Petersen soll der Erwerbsunfähigkeits-Rentner seine Ehefrau zwischen drei und sieben Uhr in der Wohnung in der Waldstadt eingeschlossen, wiederholt mit dem Tode bedroht und misshandelt haben, um sie zur Herausgabe von 500 Euro zu bewegen. Diese Summe – so die Ansicht des Angeklagten – habe sich die inzwischen getrennt von ihm Lebende zu Unrecht angeeignet. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, soll Udo S. der Frau zwei Faustschläge versetzt, ihr ein Kissen aufs Gesicht gedrückt haben, so dass sie nach Luft ringen musste. Danach habe er versucht, ihren Kopf in die knapp zur Hälfte gefüllte Badewanne zu pressen. Als das misslang, soll der Kraftsportler die Frau ergriffen, in die Wanne geworfen und ihren Kopf mehrere Sekunden unter Wasser gehalten haben. Gegen sieben Uhr soll der zur Tatzeit mit über zwei Promille Alkoholisierte seine Frau der Wohnung verwiesen und sie aufgefordert haben, das Geld bis zwölf Uhr zu besorgen.
Etliche Stunden später soll Udo S. an einem Kiosk getrunken, zwei Männer kennengelernt und in die Wohnung des einen mitgegangen sein. Dort sei es zum Streit zwischen ihm und dem Wohnungsmieter gekommen. In dessen Folge soll der Angeklagte ein Küchenmesser ergriffen und dem Mann zweimal in den Bauch gerammt haben, um ihn zu töten.
Dies bestritt der Angeklagte – er sitzt seit dem 20. August 2010 in U-Haft – gestern. Er gab vor, selbst Opfer der Messerattacke gewesen zu sein und sich lediglich gewehrt zu haben. Von dem Angriff auf seine Ehefrau wusste er laut eigenen Angaben nicht mehr viel. „Meine Mutter ist am 10. August 2010 verstorben. Da habe ich alle guten Vorsätze fallen lassen, Alkohol getrunken und Tabletten geschluckt“, berichtete Udo S. Als von den 2000 Euro, die er mit seiner Schwester teilen sollte, 500 Euro fehlten, verdächtigte er seine Frau des Diebstahls. „Ich hatte Todesangst. Dabei habe ich das Geld wirklich nicht genommen“, versicherte die im Prozess als Nebenklägerin Auftretende. „Ich vermute, Udo hatte die 500 Euro versoffen und wusste es einfach nicht mehr.“
Der Prozess wird fortgesetzt.Hoga
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