zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Ehefrau mit Bügeleisen niedergestreckt

Tatmotiv: Vermeintlich mit Rattengift verseuchte Brötchen

Stand:

Tatmotiv: Vermeintlich mit Rattengift verseuchte Brötchen AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Kaum zu glauben, dass diese beiden sich einmal geliebt haben. Im Sommer 2001 war die Ehe von Wilfried* und Renate G.* jedenfalls rettungslos zerrüttet. Schon lange – so der Ehemann – trachtete seine Frau ihm nach dem Leben, habe ihm in einem Brief gar ein qualvolles Ende gewünscht. Bereits 1986 soll Renate ihrem Wilfried ein Medikament gegen Fußpilz in den Kaffee geschüttet haben. Am 24. August 2001 verspürte der heute „glücklich Geschiedene“ erneut Angst um sein Wohlergehen. Während der Arbeitspause vermeinte er, beim herzhaften Biss ins Frühstücksbrötchen Rattengift unter der Butter zu entdecken und mutmaßte, für diesen „Brotaufstrich“ komme nur seine Gattin in Frage. Wilfried G. (66) fuhr nach Hause, griff der Frau laut Anklage heftig in die Haare, riss sie zu Boden. Danach soll er ihr zwei Schläge mit einem Bügeleisen versetzt haben. Renate G. wurde ohnmächtig. Der Notarzt attestierte ihr ein Schädel-Hirn-Trauma sowie zwei Kopfplatzwunden. Drei Tage lag die Frau im Krankenhaus. Gestern musste sich der Rentner wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten. „Ich habe sie an den Haaren gezogen. Ich habe auch gesagt, du Miststück, diesmal kommst du nicht davon“, gesteht der Vater dreier erwachsener Kinder. Wieso seine Frau plötzlich blutend am Boden lag, er das Bügeleisen in der Hand hatte, vermag er sich nicht recht zu erklären. „Ich hörte ein Klappern in meinem Rücken. Da dachte ich, sie greift zum Messer und sticht auf mich ein. Da muss ich wohl in Notwehr zugeschlagen haben“, vermutet der Angeklagte, der sofort den Krankenwagen rief. Wegen des Verdachts einer Vergiftung mit Rattengift sei auch er stationär aufgenommen worden, erzählt Wilfried G. „Gefunden wurde allerdings nichts“, wirft der Rechtsbeistand von Renate G. ein, die im Prozess als Nebenklägerin auftritt. „Ich habe ja auch nur einen Haps von dem Brötchen gegessen und mir danach gleich den Mund ausgespült“, stellt der Angeklagte klar. Ihr Ex-Gatte habe ihr an jenem Vormittag seine Stullenbüchse mit zwei abgebissenen Brötchen-Brocken vor die Nase gehalten und gefragt, was das sei, erinnert sich Renate G. (56) im Zeugenstand. „Ich sagte, das sieht aus wie Schimmel. Da riss er mich an den Haaren, schmiss mich zu Boden und meinte, du weißt genau, dass das Rattengift ist.“ Um sich vor weiteren Übergriffen zu schützen – ihr Mann habe ihr in der Vergangenheit bereits einmal das Nasenbein gebrochen – habe sie die Hände schützend vor das Gesicht gehalten. „Da verspürte ich zwei heftige Schläge. Ob sie von dem Bügeleisen stammten, kann ich nicht sagen“, erklärt die Erwerbsunfähigkeits-Rentnerin. Selbst wenn ihm die Ehefrau Rattengift aufs Brötchen gestreut hätte, sei nicht gerechtfertigt, sie deshalb mit dem Bügeleisen niederzustrecken, befindet der Richter. Das Urteil: Acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zudem hat Wilfried G. 1500 Euro Geldbuße an Renate G. zu zahlen. Diese musste sich bereits in einem früheren Verfahren wegen der vermeintlichen Giftattacke auf ihren Ex-Gatten vor Gericht verantworten, wurde allerdings freigesprochen. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })