Landeshauptstadt: Ehrenamt – ein Streitfall?
Jakobs: „Wir brauchen mehr Koordination“
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Innenstadt – Zu einem „Streitgespräch“ über bürgerschaftliches Engagement hatte das Selbsthilfe-, Kontakt- und Informationszentrum (Sekiz) Mittwochabend in die Hermann-Elflein-Straße 11 eingeladen. Ehrenamtliche Arbeit als Streitfall? Diese Fragestellung verwundert. Auf dem Podium saßen Verantwortliche verschiedener Träger. Die Journalistin Gisela Zimmer versuchte gemeinsam mit Oberbürgermeister Jann Jakobs, diese unter einen Hut zu bringen. Es geht darum, wie Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, zu lenken und zu vermitteln sind. Offenbar ziehen die in der Stadt verantwortlichen Institutionen nicht immer an einem Strang, dem Sekiz wird gar ein „Monopol“-Anspruch unterstellt.
Es scheint einen enormen zahlenmäßigen Zuwachs an Menschen zu geben, die sich bürgerschaftlich und unentgeltlich für die Belange der Allgemeinheit einsetzen wollen, nicht nur Ältere und Rentner, sondern auch Jugendliche. Daniel Beermann von der Gewoba Wohnungsverwaltungsgesellschaft zitiert eine Umfrage seines Unternehmens, nach der 25 Prozent der Mieter sich irgendwie ehrenamtlich betätigen wollen. Bei 35000 Gewoba-Mietern wären das 8750 Menschen – eine unwahrscheinliche Zahl.
Der AWO -Bezirksverband hat laut Angelika Basekow in einer Presseaktion 56 Ehrenamtliche rekrutiert, von denen bereits 25 ein „Amt“ hätten. Das klingt realistisch. Sekiz-Geschäftsführerin Angelika Tornow bemerkt trotz aller schillernder Zahlen: „Es ist nicht so, dass die Leute uns das Haus einrennen, um sich ehrenamtlich zu engagieren; es ist jedes Mal ein Kraftakt, Leute zu finden.“
Oberbürgermeister Jann Jakobs fordert mehr Kommunikation und Koordination der Träger. So gibt es beim Sekiz eine „Freiwilligenagentur“ und bei der AWO-Akademie eine „Ehrenamtsagentur“. Und auch die „Akademie“ Zweite Lebenshälfte vermittelt Menschen, die sich mit Ideen und Projekten einbringen wollen. „Ich komme mir vor wie auf dem Arbeitsamt, nur dass hier die Ware ehrenamtliche Arbeit vermittelt werden soll“, macht Juliane Nitsche ihrem Unmut Luft. Nitsche engagiert sich für den Integrationsgarten am Schlaatz. Auch andere der etwa 40 Anwesenden, zwei Drittel davon Frauen, halten Plattformen, Vermittlungen und Ähnliches für überflüssig. So funktioniere das Eltern-Kind-Zentrum am Stern, das ausschließlich von ehrenamtlich tätigen Menschen unterhalten werde, ausgezeichnet. Und vom Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker ist zu hören, dass hier die Betreuung ausschließlich von Freiwilligen geleistet wird – ohne langwierige Vermittlung.
Angelika Tornow verweist angesichts der Beispiele für das selbständige Finden von gemeinnützigen Aufgaben jedoch darauf, dass es einen großen Personenkreis gebe, der zwar arbeiten möchten, aber nicht genau wisse, wohin er sich wenden könne und wofür er geeignet ist. Vor allem für diese Klientel wird es wohl bald eine Informationsschrift geben. Außerdem empfiehlt sich das Sekiz als Kontakt- und Anlaufstelle.
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