Landeshauptstadt: Ehrenamt ist kein Jobersatz
Podiumsdiskussion zum Thema: Was muss der Staat tun – und was wir selbst
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Das Thema ist nicht neu, wird aber immer noch heiß diskutiert: Machen Ehrenamtler oder Ein-Euro-Jobber Arbeiten, die eigentlich bezahlt werden müssten und werden sie damit zu Jobkillern? Über 50 zumeist Ehrenamtler waren am Donnerstagabend ins Selbsthilfezentrum Sekiz in der Hermann-Elflein-Straße gekommen, der Veranstaltungsraum war rappelvoll und die Diskussion wurde streckenweise sehr kontrovers geführt.
„Man hätte vorher die Begriffe erklären und sortieren müssen“, fand Gudrun Krüger, selbst Mitstreiterin einer Selbsthilfegruppe. Denn zwischen Ehrenamt, Ein-Euro-Jobs und Möglichkeiten der Arbeitsbeschaffung wurde erregt hin- und hergesprungen. Jürgen Weber vom Hartz IV Betroffenen e. V. zeigte zum Beispiel Unverständnis, dass bei möglicher 75-prozentiger Förderung eines Jobs durch die Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung Arbeitssuchender (Paga), die Stadt keinen festen Arbeitsplatz für den ehrenamtlich eingerichteten Fliedergarten schafft. „Ich muss sogar das Fahrgeld zum Garten noch selbst mitbringen“, so Weber. Ein anderer Arbeitsloser, der für den Rückenwind e.V. unterwegs ist, würde gern fest eingestellt werden. Bisher keine Chance. Sie eröffnet sich eventuell durch den Paga-Zuschuss. Paga-Chef Frank Thomann und Rückenwind-Geschäftsführer Michael Blume vereinbarten einen Gesprächstermin.
Unterschiedliche Ansätze auch bei den Ein-Euro-Jobs und dem Ehrenamt. Die Ein-Euro-Jobs seien dafür gedacht, so Thomann, Langzeitarbeitslose wieder für einen normalen Arbeits-Alltag fit zu machen und sie in Arbeit zu vermitteln. Mit dem Ehrenamt hätten sie nichts zu tun. Das Ehrenamt verhindern sollte die Arbeitsagentur allerdings auch nicht, fand eine Vertreterin der Akademie zweite Lebenshälfte und nannte eigene Erfahrungen. Über die Akademie hätten Arbeitslose schon eine feste Stelle gefunden.
„Ehrenamtlicher Einsatz sollte aus Engagement geschehen und zur Bereicherung der staatlichen Angebote beitragen“, sagte die als Lehrerin arbeitende Gudrun Krüger. Wenn zum Beispiel jemand an der Schule eine Arbeitsgemeinschaft übernehme und das mit Freude tue, dann könne er Ideen einbringen, auf die Lehrer vielleicht gar nicht kämen. Eine Einmischung, wer welches Ehrenamt übernimmt, wünscht sich Krüger jedoch nicht und bekam dafür den Beifall vieler anderer Ehrenamtler. Ohne Ehrenamt – so die allgemeine Ansicht – würde vieles nicht funktionieren, von den Einsätzen der Freiwilligen Feuerwehr über Kindersport bis zur Sterbebegleitung. Der Linken-Stadtverordnete Siegmar Krause stand da mit seiner Ansicht, der Staat ziehe sich aus zu vielen Aufgabenbereichen zurück und deshalb müssten die Ehrenamtler einspringen, ziemlich allein da, zumal er nicht mit Beispielen aufwarten konnte oder wollte.
Sekiz-Geschäftsführerin Angelika Tornow (SPD) ging sogar noch einen Schritt weiter. „Wer ist denn der Staat“, sagte sie. „Das sind doch wir.“ Auch zu DDR-Zeiten sei vieles ehrenamtlich erledigt worden. „Warum schreien die, die damals selbst die Ärmel hochgekrempelt haben, plötzlich nach dem Staat?“ dif
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