
© Manfred Thomas
Von Erhart Hohenstein: Eiche wächst um 1000 Einwohner
Bebauungsplanentwurf für Ex-Kasernengelände vorgestellt / Warnung vor „gesichtsloser Vorstadt“
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Eiche - Bereits im zweiten Halbjahr 2011 könnten die ersten Baugenehmigungen für das neue Wohngebiet an der Kaiser-Friedrich-Straße erteilt werden. Dies erklärte Stadtplanungschef Andreas Goetzmann am Donnerstagabend vor dem Ortsbeirat Eiche. Dazu müssten die bevorstehenden Verfahrensschritte zügig abgearbeitet werden. Auf dem brachliegenden Gelände der früheren Kaserne „Eiche II“ will das Bauunternehmen Semmelhaack bis zu 750 meist kleinere Wohnungen errichten. Mit 328 Appartements für Studenten, einem Boardinghaus als zeitweilige Unterkunft für Gastwissenschaftler, einem Pflegeheim mit 111 Betten und 161 Plätzen für betreutes Wohnen entspreche man der Bedarfssituation, meinte Semmelhaack-Beauftragter Berko Dibowski. Hinzu kommen 145 Normalwohnungen. Die Bebauung werde barrierefrei sein.
Die Entwurfsskizzen zeigen vom Parkteil am Neues Palais Richtung Schloss Lindstedt einen breiten Grünstreifen, der nicht bebaut werden darf. Er soll mit Rücksicht auf das Welterbegebiet renaturiert und wieder jener Seggenwiese angenähert werden, wie sie vor der Erweiterung der Kasernenbebauung in der DDR-Zeit bestand. Dazu sind der Abriss von Werkstatthallen und der Abtrag von Aufschüttungen erforderlich. Nicht vorgesehen ist der Ausbau der zwischen Neubaugebiet und Nettomarkt verlaufenden Alten Amundsenstraße, es sei denn als Fahrradstraße. Am Wiesenrand setzt Richtung Ortskern die Bebauung mit eingeschossigen Bungalows ein, die Schritt für Schritt von Zweietagenhäusern mit Staffelgeschoss bis hin zu Fünfgeschossern abgelöst werden. Die größte Baumasse ist in der Südwestecke an der Grenze zum Polizeipräsidium vorgesehen. Hier sollen die Heime errichtet werden.
Auf dem Entwurf präsentieren sich alle Gebäude in strenger Rechteck- und Würfelform mit Flachdächern. Diese Gestaltung stieß beim Ortsbeirat und bei den Gästen auf Kritik. Besonders der „Heimklotz“ wurde abgelehnt. Ortsvorsteher Ralf Jäkel (Linke) forderte in Anpassung an die Landschaft und die bestehende Bebauung eine attraktivere Architektur, Eberhard Kapuste (CDU) eine variable Dachlandschaft. Der Naturwissenschaftler Bernd R. Paulke sieht die Gefahr, dass das Dorf Eiche zu einer „gesichtslosen Vorstadt“ Potsdams wird. Der Stadtplanungschef machte deutlich, dass es sich bei der Vorstellung um einen Entwurf handelt, an dem noch Änderungen, vor allem an der Südwestecke, möglich seien. Er stelle allerdings schon einen Kompromiss dar, auf den man sich in langen und intensiven Besprechungen mit der Denkmalpflege und der Schlösserstiftung geeinigt habe. So würden durch die Höhenbegrenzung Blickbeziehungen wie zwischen dem Belvedere Klausberg und dem Kirchturm Eiche gewahrt. Für die Fassaden der Neubauten seien keine grellen, sondern zurückhaltende „Herbstfarben“ gewählt worden. Dibowski ließ keinen Zweifel, dass Semmelhaack Satteldächer ablehnt, da sie zum Verlust an Wohnfläche führen und die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens schmälern würden. Zur Einordnung von Geschäften und Gaststätten erklärte er, es werde keine Handelseinrichtungen geben, die im Ortsteil Eiche bereits vorhanden sind. Vorgesehen seien lediglich Treffpunkte für die Studenten und die Senioren, beispielsweise ein kleines Café und ein Fitnessclub.
Trotz der kritischen Anmerkungen machte der Abend deutlich, dass in Eiche die Bebauung der Kasernenbrache bejaht wird. Der Stadtplanungschef sicherte zu, den Ortsbeirat und damit auch die Bewohner über das Vorhaben auf dem Laufenden zu halten. Mit dessen Verwirklichung wächst das zu DDR-Zeiten 1000 Seelen zählende Dorf von jetzt 4583 auf 5600 Einwohner.
Erhart Hohenstein
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