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Sport: „Eigentlich nie wirklich weg“

Christian Prochnow fliegt mit seinem Coach nach Peking

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Ich bin ein Potsdamer. Ganz so in pathetischer Kennedy-Manier bekräftigte das Christian Prochnow gestern zwar nicht, aber immerhin unterstrich er, wo er hingehört. Gerade im Vorfeld der Olympischen Spiele war immer wieder die Frage aufgekommen, zu wem der Triathlet denn nun gehört. Sein „Handwerk“ lernte er im Luftschiffhafen, klopfte unter Leitung seines Trainers Ron Schmidt an die Weltspitze an und wechselte eben wegen dieser rasanten Entwicklung an den Bundesstützpunkt nach Saarbrücken mit Erststartrecht für das Asics Team Witten.

„Seit Oktober trainiere ich aber wieder in Potsdam, und eigentlich war ich ja nie wirklich weg“, sagt der 26-Jährige. Das sah die Deutsche Triathlon-Union nach reiflicher Überlegung auch nicht anders und bescheinigte Potsdams Olympiahoffnung, zum hiesigen Olympiastützpunkt (OSP) zu gehören. Um das zu untermauern, will Prochnow nun Nägel mit Köpfen machen: Ab dem nächsten Jahr, so ließ er durchblicken, will er wieder für das Zeppelin-Team an den Start gehen. In Sack und Tüten sei zwar noch nichts, aber er gehe schon davon aus.

Das freute vor allem seinen Coach Ron Schmidt, der seinen Schützling gestern im Kreise weiterer Triathleten in einem kleinen italienischen Ristorante in Potsdams Mitte in Richtung Peking verabschiedete. Allerdings nur bedingt, denn auch Schmidt kann sich auf den Weg nach Fernost machen. Da seine Reise – Kostenpunkt rund 3000 Euro – nicht bezahlt wurde, waren ihm die Hände gebunden. Der Verein, die Bundesliga-Athleten und der Landesverband legten zusammen und spendierten dem Erfolgscoach die Reise.

„Das ist für mich etwas ganz Großes“, sagte dieser dann auch sichtlich gerührt und probierte gleich das Polo-Shirt mit dem Aufdruck „Go, Paule, Go“ an, das ihm OSP-Chef Andreas Kleemund schenkte. Denn auf stille Anfeuerungen wie Aufschriften oder Plakate wird sich seine Unterstützung für „Paule“ Prochnow beschränken. „Beim letzten Mal war ich ihm zu laut“, erzählte der Coach.

Schmidt nahm Prochnow im Jahr 2000 unter seine Fittiche – der Beginn einer Erfolgsstory. Die erlebte in diesem Jahr mit der Olympiaqualifikation, die niemand für möglich gehalten hatte, ihren vorläufigen Höhepunkt. Beim Europa-Cup im spanischen Pontevedra qualifizierte sich Prochnow im April als bester Deutscher auf dem zweiten Platz für die EM in Lissabon, wo er als Zwölfter das Ticket für den Weltcup in Madrid löste. Dort reichte der fünfte Platz für die Olympiateilnahme – und diese bestätigte er schließlich noch einmal eindrucksvoll beim Weltcup in Hamburg mit Platz fünf.Nun also die ersten Olympischen Spiele. Die Strecke kennt Prochnow zwar nicht persönlich, „aber ich habe mir im Internet sehr viel darüber angesehen“. An einem Stausee ist sie gelegen und sie scheint dem Athleten zumindest vom ersten Eindruck her zu gefallen. Während er zurückhaltend mit einer Platzierung unter den ersten Zwölf liebäugelt, kann sich sein Trainer durchaus eine Medaille vorstellen. Wie auch immer: Auch wenn es nur ein „guter Platz“ wird, ist es einer für Potsdam.

Henner Mallwitz

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