Aus dem GERICHTSSAAL: Ein Bauernopfer
Bewährung für Betrüger, der gerade in Haft sitzt
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Die Staatsanwältin beantragt 14 Monate Haft. Amtsrichterin Kerstin Nitsche verurteilt Sven S.* (38) wegen Betrugs in fünf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. Mindestens 3000 Euro Schadensersatz muss der über und über Tätowierte – er sitzt derzeit eine dreieinhalbjährige Gefängnisstrafe ab – an den von ihm geprellten Oskar O.* (22) leisten. „Es war nicht schön, den Herrn O. so auszubeuten“, räumt Sven S. in seinem letzten Wort ein.
Der Angeklagte gestand unumwunden, den jungen Mann im Oktober 2006 überredet zu haben, für ihn ein Laptop, einen 1000 Euro teuren LCD-Fernseher und zwei Mobiltelefone per Ratenzahlung zu erwerben. Er überzeugte den Arbeitslosen auch, einen Handy-Vertrag für ihn abzuschließen, da er selbst nicht mehr kreditwürdig war. Auf den Namen von Oskar O. bestellte Sven S. bei „Premiere“ einen Decoder, ohne die Absicht zu hegen, ihn zu bezahlen. Auch Oskar O. sah keinen Cent von den versprochenen Raten. Insgesamt – so die Anklage – entstand ein Schaden von rund 4200 Euro.
„Ich habe Oskar O. 100 Euro Provision versprochen, wenn er auf meinen Vorschlag eingeht“, erklärt der wegen mehrfachen Betrugs, zahlreicher Diebstähle, Urkundenfälschung, Beleidigung und Unterschlagung Vorbestrafte. „Die hat er auch bekommen.“ An dem Tag, als er mit dem Potsdamer einen Vertrag über die Modalitäten der Rückzahlung aufsetzen wollte, habe er ihn nicht angetroffen. „Dann bin ich einfach nicht mehr hingegangen“, erzählt der Kahlgeschorene. „Es ist durchaus richtig, dass ich seine geistig zurückgebliebene Situation ausgenutzt habe. Es stimmt auch, dass ich gar kein Geld hatte, Oskar O. etwas zurückzuzahlen.“ – „Sie wollten auf großem Fuß leben, obwohl Sie sich das gar nicht leisten konnten“, rügt Richterin Nitsche. „Da haben Sie sich ein Bauernopfer gesucht.“
„Ich hatte damals gerade meine Wohnung am Schlaatz bekommen. Sven S. fragte mich, ob ich mir etwas dazuverdienen will“, so Oskar O. im Zeugenstand. Er habe zuerst gezögert, auf den Vorschlag des Älteren einzugehen. „Aber er hat mich so eingeschüchtert, dass ich es gemacht habe“, berichtet der Ein-Euro-Jobber. „Ich wollte einfach meine Ruhe haben.“ Als er den Mann fragte, wo sein Geld bleibe, habe dieser nur „hinterfotzig gegrinst“ und ihn am Kragen gepackt.
Die Vorsitzende hakt nach: „Sie waren Hartz-IV-Empfänger, der Angeklagte ebenfalls. Wie ist es Ihnen gelungen, derart teure Geräte auf Kredit zu erwerben?“ Das sei kein Problem gewesen, meint Oskar O. Sven S. habe ihn mit einer Bescheinigung eines vermeintlichen Arbeitgebers „bestückt“, in der ein ordentliches Gehalt ausgewiesen war.
„Sie verdienen jetzt in der Justizvollzugsanstalt doch Geld. Haben Sie dem Geschädigten schon etwas zurückgezahlt?“, fragt die Staatsanwältin den Angeklagten. Sven S. schaut erstaunt. „Nö, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht“, räumt er ein. (*Namen geändert.) Hoga
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