Links und rechts der Langen Brücke: Ein bisschen Gore
Michael Erbach freut sich über die Friedensnobelpreis-Verleihung und sieht Verbindungen zu Potsdam und den Potsdamern
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Es war eigentümlich: Als gestern im Radio verkündet wurde, dass Al Gore und der Weltklimarat IPCC den diesjährigen Friedensnobelpreis bekommen würden – war sofort auch Potsdam in meinen Gedanken. Nicht, dass wir Potsdamer jetzt alle Gore sind, doch mit Sicherheit gibt es Verbindungen zwischen der Preisverleihung und dieser Stadt. Die schlichteste : Auch wir Potsdamer sind untrennbar mit dem Klima und seiner Entwicklung verbunden. Ein jeder ist Klima-Betroffener und -Akteur zugleich – ob im positiven oder negativen Sinne. Doch da ist noch mehr. Dass Gore den Friedensnobelpreis bekommen hat, ist Beleg dafür, wie lebenswichtig und damit friedensstiftend funktionierender Klima-Schutz ist. Vor allem aber wird die Verleihung des populärsten Nobelpreises dem Kampf gegen Klimatod und Erderwärmung einen erneuten Popularitätsschub verleihen. Und mit Al Gore steht dafür der richtige Mann in der ersten Reihe. Das aber ist genau das, was die in Potsdam ansässigen Klimaforscher brauchen: eine Lobby, um Regierungen, Industrie-Bosse, die Menschen wachzurütteln. Schon seit vielen Jahren kamen vom Potsdamer Brauhausberg die warnenden Töne, untersetzt mit dramatischen Zahlen und Erkenntnissen. Ja, der Ruf wurde gehört, doch erst in den letzten Jahren wurde die Dramatik des Geschehens tatsächlich (an)erkannt. Mittlerweile gibt es weltweit viele Initiativen und große Pläne, die Klimakatastrophe zu verhindern, doch längst ziehen nicht alle an einem Strang. Da kommt eine solche Auszeichnung genau richtig. Zumal die Dramatik eben nicht nachlässt. Erst gestern wandte sich der Potsdamer Klimaforscher Wolfgang Cramer an die Öffentlichkeit mit der Erkenntnis, dass der Klimawandel noch stärker als bisher befürchtet voranschreiten könnte. Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) werden sicher auch in den kommenden Jahren den weltweiten Kampf gegen die Erderwärmung wissenschaftlich begleiten – ob als Berater der Bundeskanzlerin, wie PIK-Chef Joachim Schellnhuber, oder wie Stefan Rahmstorf als führender Autor von Weltklimaberichten. Erst in dieser Woche kamen 15 Nobelpreisträger sowie Wissenschaftler in Potsdam zusammen, um mit einem dramatischen Appell die Akteure der Klimakonferenz in Bali im Dezember zum zielorientierten Handeln aufzufordern. Potsdam steckt also an herausragender Stelle mittendrin in einer für die Menschheit überlebenswichtigen Problematik und ist an deren Bewältigung entscheidend beteiligt. Doch letztendlich wird dies alles nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn den Erkenntnissen und daraus abgeleiteten Notfall-Plänen für unsere Erde vor Ort die Taten folgen. So müssen auch in Potsdam alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Umwelt sauberer zu machen. Da erscheint es provinziell, dass der geplante Stau-Feldversuch in der Zeppelinstraße, der im Ergebnis für weniger Feinstaub und weniger Co2-Ausstoß in der am meisten belasteten Straße sorgen soll, derart umstritten ist. Hier kann Klimaschutz umgesetzt werden. Und sicher auch anderswo in der Stadt, in jedem Haushalt. So kann Potsdam, kann jeder Potsdamer doch ein bisschen Gore werden.
Michael Erbach
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