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Von Guido Berg: „Ein bisschen Zank muss sein“

Potsdams Wohnungswirtschaft kritisiert Potsdams Stadtverwaltung – beim „Stadtspuren“-Empfang

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In wenig zurückhaltender Art hat die Potsdamer Wohnungswirtschaft Kritik an der Stadtverwaltung geübt. Beim Neujahrsempfang der von sechs Wohnungsunternehmen der Stadt getragenen Arbeitsgemeinschaft „Stadtspuren“ nutzte deren Koordinator Carsten Hagenau die Festansprache zur Verwaltungsschelte: Die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 habe neun Monate auf eine Baugenehmigung warten müssen – für einen Fahrradschuppen. Die Genossenschaft „Karl Marx“ kaufte Hagenau zufolge von der Stadt ein Grundstück, das auch „ein paar Meter maroder Bürgersteig“ enthielt. Kaum Eigentümer, habe die „Karl Marx“ von der Stadt einen Brief mit der Aufforderung erhalten, mal „endlich“ Ordnung auf ihrem Weg zu machen. Etwa 15 000 Euro zusätzliche Planungskosten seien der Genossenschaft PWG 1903 entstanden, weil ein Baugenehmigungsverfahren zum Ausbau von 50 Dachgeschossen fast komplett wiederholt werden musste, „weil plötzlich einer von der Verwaltung in den Ruhestand gegangen ist“. Hagenaus Resümee: „So geht das nicht.“ Die Stadt habe Bürger als Auftraggeber und Kunden.

Womöglich in konfrontativer Absicht stellte Hagenau das Potsdamer Jahresmotto „2009 - Jahr der Bürgerinnen und Bürger“ nicht nur in eine Reihe mit dem „Jahr der Astronomie“ – sondern auch dem „Jahr des Gorillas“ oder dem „Jahr des Europäischen Aals“. Es sei „ein vieldeutiges Jahr“, so Hagenau.

Weiterhin stellte Hagenau ein „Misstrauen“ gegenüber der sozialen Wohnungswirtschaft Potsdams fest. Es mache der Satz von „den eigenen Interessen der Wohnungswirtschaft die Runde“, ein Satz, der laut Hagenau „jeden vernünftigen Vorschlag torpedieren kann“. Er bedeute, die Wohnungswirtschaft habe andere Interessen als die Stadt. Hagenau: „Warum sollen die Interessen der 22000 Genossenschaftsmitglieder andere sein als die der Potsdamer?“ Und: „Was sollte die Gewoba Schädliches im Schilde führen?“ Mit Verweis auf bestehende Aufsichtsgremien erklärte der Stadtspuren-Koordinator, die Wohnungswirtschaft werde „besser kontrolliert als die meisten Banken – und Stadtverwaltungen.“ Hinsichtlich des Klimawandels und der Energiekrise erklärte Hagenau: „Uns ist das Umdenken leichter gefallen als anderen lokalen Akteuren.“ Er beendete seine Ansprache mit der Aufforderung zu „Kooperation statt Konkurrenz“ und „Gemeinsamkeit statt Machtgerangel“.

Die Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD) begann ihre Rede, in dem sie einen Satz widergab, den ihr PWG-1956-Vorstand Matthias Pludra zugerufen hatte: „Ein bisschen Zank muss sein.“ Dann erklärte die Beigeordnete, sie nehme die Kritik ernst und forderte die Wohnungswirtschaft auf: „Lassen Sie uns 2009 gemeinsam angehen.“ Zu den Bemerkungen zum Potsdamer Jahresmotto sagte von Kuick-Frenz: „Ich würde es nicht so negativ angehen wie Herr Hagenau.“ Die Beigeordnete sagte, dass die Potsdamer Wohnungswirtschaft auf eine Leerstandsquote von ein Prozent verweisen kann – bei hoher Wohnzufriedenheit. Das sei „eines der Wunder von Potsdam“. Die Landeshauptstadt sei „eine Stadt gegen den Trend“. Bis 2020 werde Potsdam auf 160000 Einwohner anwachsen. „Wir brauchen 13000 neue Wohnungen“, so die Beigeordnete. Einen Mangel an Ein- und Zwei-Raumwohnungen gebe es bereits jetzt.

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