zum Hauptinhalt
Teamwork. Gudrun Grimm betreute Nadine Dillinger.

©  Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Ein Fall für zwei

Mit „Mentoring D“ werden junge Frauen beruflich unterstützt – auch eine Potsdamerin profitierte davon

Stand:

Nadine Dillinger ist dort angekommen, wohin es junge Mütter eher selten schaffen: Sie besetzt eine Führungsposition in einem mittelständischen Unternehmen. Und das in einer Branche, die eher als Männerdomäne gilt: Nadine Dillinger ist Industrietechnologin und Informatikerin – und Mitglied der Geschäftsführung des Babelsberger IT-Dienstleisters VCAT Consulting. Auf ihrem Weg in die Führungsebene hatte sie eine beruflich erfahrene Mentorin an ihrer Seite. Gudrun Grimm ließ Nadine Dillinger an ihrem Wissen und ihren Erfahrungen als langjährige Führungskraft teilhaben. Von der Zusammenarbeit profitierten beide.

Zueinandergefunden haben Mentee und Mentorin vor drei Jahren über das Programm „Mentoring D – mit Frauen in Führung“, das die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) und die Berliner PR-Agentur Kompaktmedien gemeinsam initiiert haben. Das Programm wurde im Rahmen der Bundesinitiative „Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft“ gefördert und unterstützte von 2010 bis 2013 kleine und mittlere Unternehmen aus technologie- und forschungsintensiven Branchen dabei, junge Frauen gezielt für Führungspositionen zu qualifizieren. Insgesamt 30 Frauen wurden auf ihrem beruflichen Weg durch das Programm begleitet. Neben dem Mentoring vermittelte „Mentoring D“ auch Workshops zur Unternehmensführung, Beratungen und Netzwerkarbeit.

Als Mitglied im Vorstand des Fördervereins der EAF stellt Gudrun Grimm seit mehreren Jahren ihre berufliche Erfahrung als Mentorin zur Verfügung. „Mir liegt viel daran, Mädchen für technische Berufe zu begeistern oder Frauen in Führungspositionen zu unterstützen“, so Grimm. Mit Männerdomänen hat sie Erfahrung: Sie ist gelernte Schlosserin. „Ich wollte unbedingt das Abitur machen“, erzählt sie. Als Mitglied der Evangelischen Kirche blieb ihr in der DDR jedoch der Abiturabschluss an der Erweiterten Oberschule verwehrt. Erst nach dem Berufsabschluss konnte sie die Hochschulreife ablegen – und studierte schließlich Informatik. Heute leitet sie ein Team mit 47 Mitarbeitern bei der Strabag PFS GmbH in Berlin.

Über Nadine Dillinger sagt Gudrun Grimm: „Das war ich noch einmal – vor 20 Jahren“. Die Themen, die die 34-Jährige heute bewegten, seien dieselben, die sie im selben Alter damals als junge Führungskraft angehen musste. „Das war wahnsinnig spannend“, so Grimm. „Die Chemie hat sofort gestimmt“, beschreibt auch Nadine Dillinger ihren Eindruck nach dem ersten Treffen mit ihrer Mentorin. Anschließend trafen sich beide Frauen zwei Jahre lang regelmäßig alle zwei Monate und besprachen berufliche Ziele und Wünsche und welche Wege und Strategien dorthin führen. Personal leiten, mit Mitarbeitern kommunizieren, Konflikte managen – diese Aufgaben der Unternehmensführung standen regelmäßig auf der Agenda der beiden Frauen. Neben diesen „Soft Skills“ beriet die Mentorin aber auch konkrete unternehmerische Fragen mit ihrer Mentee – etwa die Branchenausrichtung des Unternehmens. „Sie musste nicht alles noch einmal ausprobieren. Durch meine Erfahrung konnte ich sagen, was Sinn macht und was nicht, und auch Klarheit darüber schaffen, wo sie hinwill und was sie nicht möchte“, beschreibt Gudrun Grimm. Mentoring könne begleiten, unterstützen und vorbereiten – die Umsetzung liege jedoch beim Mentee selbst, betont Grimm. Sie spricht von einer „Win-Win-Situation“: Als Mentorin gebe sie Wissen und Knowhow weiter, profitiere aber gleichzeitig selbst. „Ich reflektiere meine eigene Laufbahn, aber auch meine gegenwärtige Arbeit ganz anders als vorher“, so Grimm. Ganz nebenbei entstünden zudem fruchtbare Netzwerke.

Nicht nur für Nadine Dillinger, sondern auch für ihre Firma ist das Mentoring bereichernd. „Wir waren glücklich über das Angebot, dass unsere Mitarbeiterin von einer erfahrenen Person etwas lernt, dass die Geschäftsführung ihr so nicht vermitteln kann“, erklärt Nico Danneberg, Geschäftsführer bei VCAT. Heute sei Nadine Dillinger konfliktfähiger und könne in Sitzungen ihren eigenen Standpunkt besser vertreten. „Das ist in einer Männerriege gar nicht so einfach“, gibt Danneberg zu.

„Ohne Mentoring wäre ich heute nicht da, wo ich bin“, ist Nadine Dillinger überzeugt. Die eigenen Stärken und Schwächen seien ihr bewusst geworden. Und auch, wie sie diese nutzen oder kompensieren könne. Während des Mentorings bekam Nadine Dillinger ihr zweites Kind. „Ich bin Mama mit Herz und Blut, aber auch jemand, der arbeiten gehen möchte und nicht drei Jahre zuhause bleibt“, stellt die junge Frau klar. Auch hier habe ihr das Mentoring geholfen, bewusst mit den eigenen Wünschen umzugehen. „Ich nehme mit dem zweiten Kind die Trennung zwischen Beruflichem und Privatem ernster“, so Dillinger. Das Handy schaltet sie nun konsequent aus, wenn Familienzeit ist. Denn schließlich gehört auch die Work-Life-Balance zu einem erfolgreichen Berufsleben.

Heike Kampe

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })