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Von Sophia Sabrow: Ein Funken Zuversicht

Die Potsdamer Frühjahrsgespräche 2009 thematisierten die Herausforderungen und Perspektiven von Regional Governance in Afrika

In den Medien tummeln sich die Krisennachrichten über Afrika: Fatale wirtschaftliche Bilanzen, Putsche, Korruption und Gewaltexzesse titeln regelmäßig die Überschriften von Artikeln, die über die Staatsführung afrikanischer Länder berichten. Dass die Probleme gravierend sind, dass etwas getan werden muss, darüber sind sich alle seit langem einig. Die in der Geschichte der Entwicklungspolitik bereits erprobten Lösungsstrategien sind dafür umso vielfältiger.

Die Stärkung von Regional Governance ist einer der jüngeren Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit. Unter Regional Governance versteht man die Koordination regionsübergreifender, sich selbst organisierender Netzwerke unter politischer Führung. Die Potsdamer Frühjahrsgespräche 2009 thematisierten am vergangenen Wochenende die Herausforderungen und Perspektiven von Regional Governance in Afrika. Die Konferenz wird jedes Jahr von der Stiftung für Entwicklung und Frieden (Bonn) mit Unterstützung der an der Universität Potsdam herausgegebenen Zeitschrift WeltTrends organisiert.

Zu den diesjährigen Frühjahrsgesprächen kamen Politiker, Wissenschaftler und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Europa und Afrika im Hotel Voltaire zusammen. Aus verschiedenen Perspektiven beleuchteten sie, welchen Beitrag Regional Governance zur Friedenssicherung, zum Schutz der Menschenrechte und zur Entwicklung in Afrika leisten kann.

Unter den Teilnehmern galt die Tatsache, dass sich in Afrika in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe von länderübergreifenden Regionalorganisationen herausgebildet hat, gemeinhin als vielversprechend. Die wichtigste dieser Gemeinschaften ist die Afrikanische Union (AU), bei der alle Staaten des Kontinents, mit Ausnahme von Marokko, vertreten sind. Die AU setzt sich für Kooperation und Einheit unter ihren Mitgliedsländern sowie für demokratische und verantwortliche Regierungsführung ein.

In seinem Vortrag bezeichnete Geofrey Mugumya, Direktor der Friedens- und Sicherheitsabteilung der AU-Kommission, die Union als ein „effektives Organ, um die verschiedenen Probleme der einzelnen Staaten anzugehen.“ Für die verheerenden Konflikte – angefangen vom anhaltenden Bürgerkrieg im Kongo, über den Präsidentenmord in Guinea-Bissau im März, bis zum Staatszerfall in Somalia, um nur einige Krisenherde zu benennen – könnten die afrikanischen Staaten nur gemeinsam eine Lösung finden.

Dagegen hält George Kanyeihamba die Union zwar für entscheidend, um demokratische Grundsätze und soziale Gerechtigkeit in Afrika durchzusetzen. An ihrer Wirksamkeit hat der Jurist jedoch große Zweifel. Die Kompetenzen der AU seien nicht eindeutig geklärt. Bestimmungen, Organisation und Gesetzesentwürfe seien an vielen Stellen dilettantisch, Positionen mit inkompetenten Personen besetzt. Somit hätten einige starke afrikanische Länder, die einen Machtverlust durch eine supranationale Organisation wie die AU fürchten, immer wieder Gelegenheit, gegen die Richtlinien der afrikanischen Gemeinschaft zu agieren.

Als einer der ältesten Menschenrechtsaktivisten in Afrika enttäuscht Kanyeihamba besonders das einst hoffnungsvolle Vorhaben, einen afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte einzurichten. Dieser kontinentale Gerichtshof, an dem Kanyeihamba bis 2008 Richter war, ist in seinen Augen eine „Totgeburt“. Mit dem 2006 eingerichteten Gerichtshof wollte sich die Union die Kompetenz verschaffen, um die Einhaltung der Menschenrechte juristisch durchsetzen zu können. Ein berechtigtes Vorhaben, wenn man die täglich verübten Menschenrechtsverletzungen in Afrika bedenkt – der anhaltende Darfur-Krieg, die weit verbreitete Genitalverstümmelung von Frauen oder der Einsatz von Kindersoldaten sind nur einige Beispiele.

„Bis jetzt hat der Gerichtshof nicht einen einzigen Fall bearbeitet“, zieht Kanyeihamba allerdings eine traurige Bilanz. Die Wahl der Richter sei nicht transparent, der Gerichtshof sei finanziell von der Union abhängig und unterliege damit völlig ihrer Willkür. Das Protokoll zur Festlegung des Gerichtshofs sei ungenau und unverständlich formuliert und könne somit niemals eine rechtliche Grundlage für einen funktionierenden Gerichtshof bilden. Dennoch möchte Kanyeihamba nicht aufgeben, für Menschenrechte in Afrika zu kämpfen. Einen Funken Zuversicht behält er sich trotz aller Widrigkeiten stets bei. „Wenn man sich mit Menschenrechten beschäftigt, muss man einfach optimistisch sein“, sagt er lächelnd.

Sophia Sabrow

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