Aus dem GERICHTSSAAL: Ein ganz hinterlistiger Vermieter? Gericht ging von geringer Schuld des Mannes aus
Glaubt man Verena V.* (30), dann ist ihr ehemaliger Vermieter ein ganz hinterlistiger Mensch.
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Glaubt man Verena V.* (30), dann ist ihr ehemaliger Vermieter ein ganz hinterlistiger Mensch. Die arbeitslose Frisöse bezichtigte den Babelsberger bei der Polizei, ihr im September vorigen Jahres für eine knappe Woche den Strom abgeschaltet zu haben, um sie aus der Wohnung zu graulen. Am 31. Oktober 2005 soll er das Schloss der Flurtür ausgetauscht haben, ohne ihr den neuen Schlüssel auszuhändigen. Im November habe er sie dann gar in ihrer Wohnung eingesperrt und erst wieder befreit, nachdem sie die Polizei alarmierte.
„Das stimmt doch alles nicht“, entgegnet Bernd B.* (54) auf der Anklagebank. Wenn man ihm etwas vorwerfen könne, dann höchstens seine Gutgläubigkeit. Verena V. habe ihm erzählt, ihr Freund habe sie rausgeworfen. Daraufhin habe er ihr die Wohnung in Babelsberg vermietet, ohne sich eine Verdienstbescheinigung zeigen zu lassen. Verena V. habe weder die vereinbarte Kaution noch Miete während der drei Monate gezahlt, die sie in dem Haus wohnte. „Sie vertröstete mich immer wieder. Einmal hat sie mir das Duplikat eines Überweisungsträgers in den Briefkasten gesteckt, um zu suggerieren, sie habe Geld überwiesen“, so der Elektro-Ingenieur. „Ich habe ihr den Strom nicht abgestellt. Ich habe sie auch nicht absichtlich ausgesperrt. Das Wechseln des Schlosses hatte ich per Aushang angekündigt. Jeder Mieter konnte sich die neuen Schlüssel bei mir holen. Ich wohne nur um die Ecke.“ Und eingesperrt habe er Verena V. schon gar nicht. „Im Gegenteil, ich habe ihr fristlos gekündigt. Sie ist in einer Nacht- und Nebelaktion allerdings schon vorher ausgezogen. Die Wohnung sah aus wie ein Saustall“, berichtet der geplagte Vermieter.
„Das mit der rausgesprungenen Sicherung habe ich ja alleine wieder hingekriegt“, räumt Verena V. ein. „Daran ist er wohl nicht schuld. Aber dass er mir ständig hinterherrennen musste, um an sein Geld zu kommen, stimmt nicht.“ Sie habe damals in einem Friseursalon am Kurfürstendamm gearbeitet und rund 700 Euro im Monat verdient. „Eines Morgens wollte ich ihm 410 Euro für die erste Miete geben. Da sagte er, er habe jetzt keine Zeit“, so die pechschwarz Gefärbte. Auf der Arbeitsstelle sei ihr dann leider die Tasche gestohlen worden. „Da war auch das Geld drin.“
„Ihr Konto war gepfändet. Gegen Sie laufen mehrere Zwangsvollstreckungsverfahren. Sie haben auch die eidesstattliche Versicherung über Ihre Vermögenslosigkeit abgegeben“, bremst der Staatsanwalt den Redefluss der Zeugin. „Man könnte darüber nachdenken, gegen Sie ein Verfahren wegen Betruges einzuleiten.“ Dann regt er ein Rechtsgespräch an. In dessen Ergebnis stellt das Gericht das Verfahren gegen Bernd B. wegen geringer Schuld ein. (*Namen geändert.) gh
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