
© M. Burkart
Homepage: Ein Gartengnom aus Brasilien Sinningia brasiliensis von Fledermäusen bestäubt
Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es zahlreiche exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.
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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es zahlreiche exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.
Das Aufstellen von Gartenzwergen ist etwas aus der Mode gekommen. Stattdessen sieht man heute immer öfter wunderlich aussehende Gartengnome, Gartentrolle, Gartenwichtel, offenbar zu gleichen Teilen einer Fantasy-Geschichte und einer Betongussform entsprungen, die als gute Geister den Garten bewachen sollen, wie die stolzen Besitzer gerne augenzwinkernd mitteilen.
Als Vorbild für so einen Gnom könnten auch die Knospen der Fledermaus-Sinningie (Sinningia brasiliensis) dienen. Wie ein kleines Fabeltier mit stämmigen Beinen, spitzen Ohren und einem kurzen Rüssel sehen sie aus. Ihr „Gesicht“ ist behaart, und sie sind immerhin so groß wie ein halber Daumen. Beim Aufblühen wechselt der Eindruck dann vollkommen: Beine, Rüssel und Ohren lösen sich auf in einen weit geöffneten, grünen, braun gefleckten Blütenrachen.
Die Fledermaus-Sinningie gehört zur Familie der Gloxiniengewächse (Gesneriaceae), ist also verwandt mit Usambaraveilchen und Gloxinie – mit letzterer sogar recht eng, beide gehören zur Gattung Sinningia. Bereits 1969 vermutete der Blütenbiologe Stefan Vogel, dass diese Pflanze mit ihren weit offenen, wenig bunten Blütenglocken von Fledermäusen bestäubt werde. Den tatsächlichen Nachweis führten zwei brasilianische Blütenbiologinnen, Marlies Sazima und Ivonne San Martin-Gajardo. In ihrer 2005 erschienenen Arbeit zeigen sie, dass die Blüten sich abends öffnen und gerade nachts reichlich Nektar sowie durchdringende Düfte produzieren. Sie untersuchten dafür Pflanzen in der Natur auf Felsvorsprüngen im Bergregenwald Südost-Brasiliens, der Heimat der Art. Es gelang ihnen, Fledermäuse beim nächtlichen Blütenbesuch zu fotografieren. Anpassungen der Pflanze an diese im tropischen Amerika gar nicht so ungewöhnlichen Besucher sind demzufolge auch die langen Blütenstiele, die die geöffneten Blüten für größere Flattertiere gut erreichbar machen; die Abmessungen der Blütenöffnung, welche genau zu der beobachteten Fledermausart passen; die relativ große Menge an produziertem Nektar mit recht niedriger Zuckerkonzentration; und die kurze Haltbarkeit der Einzelblüten von nur zwei bis drei Nächten.
Die Pflanze kann eine Höhe von etwa anderthalb Metern erreichen und bildet einen umfangreichen Blütenstand mit vielen der putzigen Knospen, die über einen langen Zeitraum nacheinander erblühen. Sie sind derzeit in der Gesneriensammlung in den Gewächshäusern an der Maulbeerallee zu sehen. Offenbar reicht ihre gnomenhafte Schutzwirkung aber nicht bis zu den Nutzpflanzenbeeten des Botanischen Gartens, von denen gerade regelmäßig die reifen Gartenfrüchte verschwinden. Gewiss, die Kürbisse und Zucchini sind für den Verzehr geeignet. Sie sind jedoch nicht dafür gedacht, von Egoisten einfach so mitgenommen zu werden, vielmehr sollen sie auch allen nachfolgenden Besuchern als Augenschmaus dienen. Michael Burkart
Eine große Vielfalt an Zier- und Nutzpflanzen für Garten und Fensterbank ist wieder am kommenden Samstag, dem 15. September von 10 bis 16 Uhr beim traditionellen Pflanzenbasar des Freundeskreises gegen moderate Bezahlung erhältlich. Die Führung „Fruchtig frisch – exotische Früchte“ mit Verkostung findet am Sonntag, dem 23. September um 15 Uhr statt.
Michael Burkart
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