Von Guido Berg: Ein Gast im OP-Saal
Im Klinikum: Brust-Aufbau mit Schweinegewebe durch Havard-Chirurg Breuing und Chefarzt Ghods
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Innenstadt - Der international renommierte plastische Chirurg und langjährige Havard-Professor, Dr. Karl Breuing, hat gestern am Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ an zwei brustchirurgischen Operationen teilgenommen. Zusammen mit dem Chefarzt der Klinik für plastische, ästhetische und rekonstruktive Mikrochirurgie des Klinikums, Dr. Mojtaba Ghods, rekonstruierte Breuing die Brust einer 50- und einer 70-jährigen Frau mit Hilfe einer neuartigen Gewebe-Matrix, die von Schweinen gewonnen wird. Im Gegensatz zu den häufig verwendeten Kunststoffnetzen kommt es bei dieser Natur-Matrix zu geringeren Entzündungsreaktionen, die Gefahr einer Abstoßung durch die Immunabwehr des Körpers ist geringer, wie Breuing und Ghods gestern gegenüber den PNN erläuterten. Die Verwendung dieses Materials ist seit drei Jahren in den USA etabliert und seit Januar dieses Jahres in Deutschland zugelassen.
Chefarzt Ghods führt bereits seit eineinhalb Jahren in Potsdam erfolgreich Operationen durch, bei der die Brust von Frauen mit Eigengewebe wieder aufgebaut wird. Dies wird häufig nötig im Nachgang von Tumoroperationen. Allerdings, so Ghods, ist dies nicht bei allen Patientinnen möglich, etwa wenn diese zu schlank sind. Breuing sieht die Natur-Matrix auch als Möglichkeit eines generellen Ersatzes der Eigengewebs-Spende: „Eine Narbe weniger.“ Oft würden auch Teile des Rückenmuskels verwendet, um das Kunststoff-Implantat zu stabilisieren: Bei Sportlerinnen etwa sei das aber eine Option mit Nachteilen.
Die Frauen, die gestern operiert wurden, hatten mehrere Transplantat-OPs hinter sich. Nach Jahren des Tragens von Kunststoff-Körpern kann es zu Komplikationen kommen, die einen völlig neuen Aufbau des Unterhautgewebes der Brust notwendig machen. Nach Einpflanzen des Schweinegewebes wachsen Ghods zufolge körpereigene Zellen in die Fremd-Matrix ein, ein Prozess, der nach drei bis vier Monaten abgeschlossen ist. „Die Form wird weicher“, so der Chirurg.
Oft hätten die Frauen einen langen Leidensweg hinter sich. Dem Chefarzt zufolge habe noch vor wenigen Jahren die Meinung überwogen: „Seien Sie froh, dass Sie den Krebs überwunden haben.“ Heute dagegen sei es aufgrund neuer Techniken und Materialien möglich, sich auch nach einer Brust-Amputation wieder Hoffnung auf eine erfüllte Sexualität zu machen und „sich wie eine Frau zu fühlen“. Die beiden gestern von Breuing und Ghods operierten Frauen können nach drei bis vier Tagen aus dem Klinikum entlassen werden und sind noch zwei bis drei Wochen krank geschrieben. Koryphäe Breuing lobte die gute Arbeitsatmosphäre im Klinikum. Technisch könne das 1000-Betten-Krankenhaus kaum besser ausgestattet sein.
Breuing hat seine Havard-Professur zum 1. Juli aufgegeben. In Europa liefen derzeit interessantere Dinge. Er könne sich vorstellen, die eine Hälfte des Jahres in den USA und die andere in Europa zu arbeiten, um die „Kommunikation zwischen beiden Welten“ zu befördern. Die gestrigen gemeinsamen Operationen mit Klinikums-Chefarzt Ghods sieht er als Chance zum Wissenstransfer. Ein Austausch von Wissen und Erfahrung sei am besten möglich in der Praxis.
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