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Homepage: Ein gefährliches Schweinefutter Die Erdbeer-Guave verdrängt andere Pflanzen
Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es viele exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine dieser Pflanzen vor.
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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es viele exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine dieser Pflanzen vor.
Der Hawaii-Archipel gilt als abgelegenste Inselgruppe der Welt. Eigentlich ein Wunder, dass es überhaupt Pflanzen und Tiere geschafft haben, diese Inseln zu besiedeln. Immerhin knapp 1900 Arten von Blütenpflanzen werden als heimisch angegeben, davon fast die Hälfte Endemiten, also Arten, die es auf der ganzen Welt nur dort gibt. Die heutige Einfuhr-Rate von Pflanzenarten durch den Menschen ist um ein Vielfaches höher als die der natürlichen Einwanderung. Etwa 8000 Arten von Blütenpflanzen aus allen Teilen der Welt werden auf Hawaii kultiviert, und zahlreiche dieser Arten sind inzwischen verwildert und eingebürgert. Manche mit fatalen Folgen.
Als schlimmste von allen gilt die Erdbeer-Guave (Psidium littorale, „Küsten-Granatapfel“, heute meist P. cattleianum, „Cattleys Granatapfel“) aus der Familie der Myrtengewächse. Ihre gelben oder roten, saftigen Früchte schmecken angenehm säuerlich und duften delikat nach Erdbeeren. Vor knapp 200 Jahren als Obstbaum eingeführt, gelang dieser Pflanze ein Siegeszug durch die Regenwälder der Inseln. Viele dieser Wälder bestehen heute buchstäblich aus nichts als Guavenbäumen, welche die vielfältige Ursprungsflora restlos verdrängt haben. Eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung spielen verwilderte Hausschweine, die die Früchte gern verzehren. Die Samen überstehen die Darmpassage unbeschadet und keimen aus dem Kot, den die Tiere in weitem Umkreis absetzen können. Die Guaven sind den hawaiianischen Regenwaldbäumen in der Konkurrenz deutlich überlegen und verdrängen auch Sträucher und Kräuter vollständig, sowohl durch starke Beschattung als auch durch Stoffe, die sie ausscheiden und die das Wachstum anderer Arten hemmen.
Den Naturschutzbehörden Hawaiis ist es lange nicht gelungen, gegen die Guaven-Invasion etwas auszurichten. Im Gegensatz zu ihrer Heimat, den Küstenregenwäldern Brasiliens, hat die Art auf Hawaii keine natürlichen Feinde. Nach mehr als 15 Jahren Forschung hat man nun vor wenigen Jahren begonnen, zur Bekämpfung eine brasilianische Schildlaus einzuführen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sie ausschließlich Erdbeer-Guaven befällt und keine anderen Arten, weder andere Guaven noch andere Myrtengewächse, wovon auf Hawaii mehrere einheimisch sind. Die Freisetzung wurde in der hawaiianischen Öffentlichkeit jedoch sehr kontrovers diskutiert und nicht auf allen Inseln umgesetzt.
Die Erdbeer-Guave ist heute – gepflanzt wie auch verwildert – über die Tropen fast auf der ganzen Welt verbreitet. Interessanterweise sind Verwilderungen aber fast nur auf Inseln problematisch, ein Muster, das es auch bei etlichen anderen invasiven Arten gibt. Womöglich sind Insel-Endemiten der durch den Menschen vervielfachten Neubesiedlung einfach schlechter gewachsen als Bewohner wenig isolierter kontinentaler Gebiete mit natürlicherweise viel höheren Einwanderungsraten.
Den Duft der aromatischen Früchte der Erdbeer-Guave kann man derzeit im Nutzpflanzenhaus des Botanischen Gartens kennenlernen. Über biologische Invasionen weltweit informiert dort die Dauerausstellung „In der Spur des Menschen“. Am kommenden Wochenende gibt es im Botanischen Garten weiter Veranstaltungen: „In 80 Minuten um die Welt“ bringt in den Gewächshäusern in Kooperation mit dem Teltower Tanzstudio „Aladdina“ am Freitag und Samstag, dem 21. und 22. Oktober (19 Uhr) eine tänzerisch-botanische Weltreise auf die Bühne. Am Sonntag gibt es um 15 Uhr Tanzvorführungen und Pflanzengeschichten für Kinder. Michael Burkart
Michael Burkart
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