Aus dem GERICHTSSAAL: Ein glattes Eigentor
Sechs Monate Haft für uneinsichtige Diebin
Stand:
Zwei Tage lang verhandelte das Amtsgericht einen simplen Ladendiebstahl. Dabei ging es auch um die Frage, ob eine am 26. Februar im Kaufland entwendete Druckerpatrone samt Geldbörse und Handy in der Dienstjacken-Innentasche von Luise L.* (64) Platz finden könne. Deren mitangeklagter Lebensgefährte Thomas T. * (46) hatte die Tat auf sich genommen – aus gutem Grund. Das Vorstrafenregister der Frau weist 26 Eintragungen auf – vor allem wegen Betrügereien und Diebstählen. Bis November steht die inzwischen von Hartz IV Lebende unter Bewährung. Staatsanwaltschaft und Gericht glaubten den Beteuerungen des Pärchens nicht. Luise L. wurde wegen Diebstahls zu sechs Monaten Haft verurteilt. Ihr ebenfalls wegen Vermögensdelikten vorbestrafter Partner kam mit einer Geldstrafe von 800 Euro davon.
Der Ladendetektiv beobachtete das Treiben des verdächtigen Duos auf seinem Monitor. „Die Frau nahm etwas aus einem Regal und gab es dem Mann. Der öffnete die Verpackung und verstaute sie hinter den Dosen mit dem Hundefutter. Den Gegenstand hatte er zuvor der Frau gereicht. Die steckte ihn in die Innentasche ihrer Jacke“, erinnerte sich der Detektiv im Zeugenstand. „Ich ging in den Verkaufsraum, schaute nach und sah, dass es sich um die Verpackung einer Druckerpatrone handelte.“ Als er das Paar dann hinter der Kasse ansprach, habe Luise L. sich zunächst geweigert, ihre Taschen zu leeren. Dann habe sie behauptet, die Patrone kurz zuvor von einem Bekannten geschenkt bekommen zu haben, so der Zeuge. „Das mit dem Bekannten hat er dazugesponnen“, ereiferte sich die Angeklagte. „Thomas hat mir die Patrone heimlich in die Seitentasche meiner Jacke gesteckt. Ich war völlig arglos.“ „Stimmt“, bestätigte der Mitangeklagte. Mehr wollte er nicht sagen.
Auf dem Kaufland-Überwachungsvideo ist für den ungeübten Betrachter nicht viel zu erkennen. So war der Detektiv erneut gefragt. Seinen geschulten Augen entging die am unteren linken Bildrand stattfindende Transaktion nicht. „An keiner Stelle kann man sehen, dass ich die Druckerpatrone einstecke“, trumpfte Luise L. auf. „Sie würde gar nicht in die Innentasche meiner damaligen Dienstjacke passen. Da war mit Mühe und Not Platz für mein großes Portemonnaie und das Handy. Das kann ich Ihnen beweisen.“ Amtsrichterin Waltraud Heep griff die Anregung auf, vertagte die Verhandlung und bat die Angeklagte, die Jacke zum nächsten Prozesstag mitzubringen. An diesem erwies sich: Luise L. hatte ein glattes Eigentor geschossen. Mühelos fügten sich Geldbörse, Mobiltelefon und ein artgleiches Modell der besagten Patrone in die Innentasche. „Sie haben langjährige Erfahrungen, was Straftaten und deren Folgen angeht. Kaum zu glauben, dass Sie wegen 17,99 Euro, die die Patrone kostete, Ihre Bewährung aufs Spiel setzten“, konstatierte die Vorsitzende. „Jetzt kann nur noch mit einer Freiheitsstrafe reagiert werden.“ (*Namen geändert.) Hoga
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