
© Kitty Kleist-Heinrich, TSP
Landeshauptstadt: Ein Krieger hat den Kopf verloren
ArGe Schlössernacht unterstützt Restaurierung von Skulpturen des Neuen Palais
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Durch „Rostsprengung eines Dübels“ hat die überlebensgroße Kriegerfigur HG 6, die seit fast zweieinhalb Jahrhunderten auf dem Neuen Palais steht, Kopf und drachengeschmückten Helm verloren. Der Sturz fügte dem Heldenhaupt weitere Schäden zu. Die Wunden sind in der Skulpturenwerkstatt der Schlösserstiftung mit Gips gefüllt worden - Vorstufe für eine originalgerechte Aufarbeitung. HG 6 bedeutet übrigens, dass die Figur als sechste von links auf der Hauptbalustrade der Gartenseite steht.
Werkstattleiterin Katrin Lange zeigte den Kopf kürzlich der Arbeitsgemeinschaft (ArGe) Schlössernacht, denn die will dem Sandsteinriesen HG 6 und einigen seiner „zehnfüßigen“, 3,20 bis 3,70 Meter hohen und zwei Tonnen schweren Kameraden zu kompletter Schönheit zurückverhelfen. Alljährlich spendet sie aus den Überschüssen des Großereignisses eine beachtliche Summe. Diesmal kommen die mehr als 200 000 Euro komplett der Skulpturenrestaurierung am Neuen Palais zugute. Die Mittel reichten aus, um acht bis zehn Sandsteinfiguren zu restaurieren, sagt Katrin Lange.
Friedrich der Große hatte die Attika des 1763 bis 1769 errichteten riesigen Schlosses mit 78 Skulpturen schmücken lassen. Wind und Regen haben ihnen schwer zugesetzt. Neben Verwitterungserscheinungen am Sandstein sind die vor sich hin rostenden eisernen Befestigungsanker und Keile das Kardinalproblem. Sie geben Feuchtigkeit ab, die im Winter gefriert und Risse in den Stein sprengt. Davon sind vor allem die Plinthen (Sockelplatten) betroffen, wodurch die steinernen Riesen ins Wanken geraten.
Für die Attikaskulpturen läuft seit 2006 ein Restaurierungsprogramm. Im Februar 2007 war neben zwei Kriegerinnen und einem Krieger als erster Gott Apoll in 27 Meter Höhe auf das Dach des Palais zurückgekehrt. Durch die Spende aus der Schlössernacht erhält das Programm nun einen neuen Schub. Einbezogen werden können außerdem drei der 2,20 Meter hohen Musen und Nymphen, die Friedrich der Große an den Fassaden des Südflügels aufstellen ließ. Davon müssen zwei Originale wegen ihres desolaten Zustandes durch Kopien ersetzt werden.
Der enorme Gesamtumfang der Restaurierungsaufgaben allein für den bildhauerischen Schmuck des größten Potsdamer Königsschlosses wird daran deutlich, dass dazu neben Kapitellen, Reliefs, Girlanden, Kartuschen und von Engel- und Prophetenköpfen bekrönten Fensterumrandungen nicht weniger als 430 Steinfiguren gehören. Sie wurden von Künstlern wie Johann Peter Benkert und Johann Gottlieb Heymüller geschafften, die Attikafiguren stammen teilweise aber auch von jüngeren, weniger bekannten Bildhauern, so aus den Werkstätten von Joseph Joachim Kaplunger, Gottfried Jenner, Georg Hennicke oder Johann Schnegg. Sie widerspiegelten das Siegesgefühl des Königs, dessen Reich zwar lädiert, aber ungeschlagen aus dem Siebenjährigen Krieg herausgekommen war, und kündigten friedliche Jahre an.
Bereits zur Schlössernacht 2010 sollen die Figuren, die dank der ArGe-Spende restauriert werden können, wieder in altem Glanz vom Palais leuchten. Wenn möglich, arbeiten die Bildhauer vor Ort in luftiger Höhe. Die Skulpturen werden nur dann abgenommen und in die Werkstatt gebracht, wenn dies ihr schlechter Zustand erzwingt. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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