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Sport: Ein Match für die Ewigkeit
Im längsten Grand-Slam-Finale der Geschichte besiegt Novak Djokovic den Spanier Rafael Nadal
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Am Ende ging einfach nichts mehr. Unglaubliche 5 Stunden und 53 Minuten hatten Novak Djokovic und Rafael Nadal im Finale der Australian Open gegeneinander gekämpft, länger hat noch kein Endspiel bei einem der vier Grand Slams jemals gedauert. Es war fast zwei Uhr morgens in Melbourne, als Djokovic mit einem Vorhandschlag den Schlusspunkt unter eine Partie setzte, die niemand wohl so schnell vergessen würde. 5:7, 6:4, 6:2, 6:7 und 7:5 hieß es schließlich für Titelverteidiger Djokovic, der zum dritten Mal die Australian Open gewann. Beide Kontrahenten hatten alles gegeben, was sie hatten. Sie waren stehend k.o. Während der Siegerehrung hielt es beide nicht mehr auf den Beinen, einer der freiwilligen Helfer eilte ihnen mit zwei Stühlen zur Hilfe. Und wie sie da so saßen, war nicht mehr zu erkennen, wer von beiden Sieger und wer Verlierer war. Sowohl Nadal als auch Djokovic starrten völlig paralysiert ins Leere, ganz abwesend, wie in Trance. Es war kein Funken Energie mehr übrig.
Schließlich mussten sie doch noch ein paar Schritte gehen, die Stufen hinauf zum Podium, und für Nadal war das ein besonders schwerer Weg. Eine schlimmere Niederlage als an diesem Abend hat der 25 Jahre alte Spanier selten in seiner Karriere hinnehmen müssen. Wieder unterlag er Djokovic, dabei war er so dicht dran an der Revanche. „Novak, du machst das einfach fantastisch“, sagte Nadal und zwang sich zu einem Lächeln, „es war heute etwas ganz Besonderes für mich, auch wenn ich verloren habe.“ Der tosende Beifall der 15 000 Zuschauer war ein schwacher Trost. Denn Nadal ging auch noch in die Geschichte ein: Als erster Spieler der Open Era, der in drei aufeinanderfolgenden Grand-Slam-Finals unterlegen war. Jedes Mal hatte Djokovic auf der anderen Seite des Netzes gestanden. „Rafa, du bist einer der Besten, gegen die je gespielt habe“, sagte der Sieger. „Leider konnten wir nicht beide gewinnen.“
So knapp wie an diesem Abend war es zwischen ihnen nie zugegangen. Erstmals trieben sie sich in ein Fünfsatzmatch, und es wurde sogar noch intensiver und dramatischer, als es das Halbfinale zwischen Djokovic und Andy Murray gewesen war. Im dritten Satz übernahm der serbische Weltranglistenerste das Kommando und im vierten stand Nadal zweimal mit dem Rücken zur Wand: beim 3:4 hatte er drei Breakbälle gegen sich, rettete sich aber in den Tiebreak. Dort lag er bereits mit 3:5 zurück, erkämpfte sich aber den Satzgewinn. Mit einer 4:2-Führung im entscheidenden Satz schien Nadal dem Sieg schon nahe, kassierte aber mit einem leichten Rückhandfehler das Rebreak. Da waren schon mehr als fünf Stunden gespielt, und die Zuschauer sprangen inzwischen nach jedem Ballwechsel von ihren Sitzen.
Für die Gladiatoren war es nur noch eine Frage des Willens, dennoch lieferten sie sich weiterhin spektakuläre Ballwechsel auf immer noch teils atemraubendem Niveau. Djokovic bekreuzigte sich nach fast jedem Punkt, Nadal war für einen Moment eingeknickt unter dem Druck Djokovic’, hatte den Aufschlag zum 5:6 abgegeben. Nadal stemmte sich mit letzter Kraft gegen die weitere Niederlage, hatte sogar noch einen Breakball. Aber es reichte nicht. Mit martialischer Geste zerriss sich der Serbe das Hemd und brüllte seine Freude hinaus. Wieder musste ihm Nadal beim Jubeln zuschauen.
Dabei hatte doch alles anders werden sollen für die spanische Nummer zwei, der in der vergangenen Saison sechs Mal gegen Djokovic verloren hatte. Immer waren es Endspiele gewesen, und die in Wimbledon und bei den US Open schmerzten Nadal besonders. Es hat sich für ihn zu einem Kopfproblem entwickelt. So wie es Nadal gelingt, Roger Federer zu verunsichern, so schafft Djokovic das inzwischen bei ihm. Ein Ausweg ist schwer zu finden. Denn während Nadal in Matches gegen Federer reagieren kann, muss er gegen Djokovic agieren. Und das behagt ihm nicht. Ebenso wenig, dass er seine Spielweise umstellen muss. „Ich versuche, aggressiver zu spielen und mehr Winner zu schlagen“, sagte Nadal. An diesem Abend hätte er damit auch fast Erfolg gehabt: „Aber es braucht Zeit, bis alles klappt.“
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