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Aus dem GERICHTSSAAL: Ein mit Blümchen bemalter Trabant ...

... fiel der Funkstreife ins Auge/Vater machte das Gefährt für den Sohn flott

Stand:

Aus dem GERICHTSSAAL... fiel der Funkstreife ins Auge/Vater machte das Gefährt für den Sohn flott Vaterliebe brachte jetzt einen 59-Jährigen auf die Anklagebank des Amtsgerichts. Rüdiger R.* wurde am 5. Februar 2004 ohne Fahrerlaubnis und Haftpflichtversicherungsschutz am Potsdamer Waldrand in einem mit Blümchen bemalten Trabant von der Polizei gestoppt. Reumütig sitzt der Mann mit dem schütteren Haar auf der Anklagebank. „Was soll ich dazu sagen?“, fragt er. Die Sprache des Staatsanwalts sei eindeutig. Er bekenne sich schuldig. Die Vorsitzende möchte es allerdings etwas genauer wissen. „Wie kommen Sie in Ihrem Alter dazu, etwas derart Unüberlegtes zu tun?“, wundert sie sich. Der Arbeitslose gibt sich einen Ruck, offenbart dann, seine Ehefrau habe ihm samt der 13-jährigen Tochter den Rücken gekehrt. Zudem habe sie sämtliche Sparbücher mitgehen lassen. Gramgebeugt habe er im noch nicht abgezahlten Häuschen gesessen und über die Zukunft nachgegrübelt. Da habe ihm sein inzwischen volljähriger Sohn einen alten, nicht mehr fahrbereiten Trabant vor die Tür gestellt. Unter dem Scheibenwischer klemmte ein Zettel mit der Bitte, das Gefährt wieder flott zu machen. Rüdiger R. freute sich, endlich wieder einmal etwas von dem Filius zu hören. „Es ist mir tatsächlich gelungen, das Auto zum Laufen zu bringen“, erzählt er nicht ohne Stolz. Da er ganz sicher gehen wollte, Qualitätsarbeit abzuliefern, habe er eine Probefahrt im nahen Wäldchen unternommen. „Ich war noch nicht mal 200 Meter weit gekommen, da hat mich die Polizei auch schon erwischt.“ Und alles nur, weil der Trabi so auffällig verziert gewesen sei, glaubt der Hobby-Bastler, dem bereits im Februar 2002 die Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit entzogen wurde. Seitdem habe er keine Anstrengungen unternommen, eine neue zu bekommen. „Die Nummernschilder des Autos waren entstempelt. Deshalb wurden die Beamten aufmerksam“, wirft der Staatsanwalt ein. „Sie können mir nicht erzählen, dass Sie das nicht gesehen haben.“ Rüdiger R. rutscht unbehaglich auf seinem Platz herum. „Ich wollte doch bloß wissen, ob alles rund läuft“, brummt er. Ginge es nach dem Vertreter der Anklage, solle Rüdiger R. eine Geldstrafe von 450 Euro zahlen, zudem weitere elf Monate nicht mehr ans Steuer eines Kraftfahrzeugs dürfen. Das Gericht hält die finanzielle Sanktion für angemessen, verzichtet allerdings wegen der Geringfügigkeit der Verfehlung auf die Fahrerlaubnissperre. (*Name von der Redaktion geändert.) HoGa

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