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Landeshauptstadt: Ein Ort der Widersprüche

Ausstellung „Menschen in der Verantwortung“ erinnert an den 20. Juli 1944 / Gerüstinstallation zur Garnisonkirche übergeben

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Ausstellung „Menschen in der Verantwortung“ erinnert an den 20. Juli 1944 / Gerüstinstallation zur Garnisonkirche übergeben Von Dirk Becker Nicht gerade groß ist der Raum, in dem Angelika von Stocki ihre Portraitcollagen von prominenten Widerständlern des 20. Juli 1944, dem erfolglosen Attentat auf Adolf Hitler, zeigen kann. Doch der Ausstellungsraum in der Breiten Straße 7, in der ansonsten die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V. über das zerstörte Gotteshaus und deren geplanten Wiederaufbau informiert, ist symbolträchtig. Steht der Neubau doch genau dort, wo sich bis zu seiner Zerstörung 1945 das Wohnhaus von Henning von Tresckow befand, einem der Offiziere, die sich gegen Hitler wandten, stellten. „Menschen in der Verantwortung“ heißt die gestern, durch den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vor zahlreichen Gästen eröffnete Ausstellung, die Auftakt der Potsdamer Gedenkwoche „Aufstand des Gewissens“ vom 13. bis 20. Juli ist. Diese Veranstaltungsreihe soll auf die Bedeutung Potsdams „als Lebensmittelpunkt zahlreicher “Mitverschwörer““ aufmerksam machen. Die enge Verbindung mit der Garnisonkirche, gestern wurde auch die Gerüstinstallation an der Breiten Straße, die einen Teil des Eingangsbereiches im Turm zeigt, übergeben, ist bewusst gewählt. Denn allein 30 Widerständler des 20. Juli gehörten zur Militärgemeinde der Garnisonkirche. Wie fast alle ihrer großformatigen Bilder hat Angelika von Stocki auch das Portrait von Henning von Tresckow in ein kühles, distanzierendes Blau getaucht. Sich überlagernde Photographien der Widerständler, ergänzt durch ein längeres Zitat, sollen die inneren Kämpfe, die Angst und Selbstzweifel der durch den Treueeid auf Adolf Hitler eingeschworenen Militärs aufzeigen. Von Tresckow galt als einer der führenden unter der oppositionellen Offizieren. Berühmt sein Zitat, man müsse „Hitler abschießen wie einen tollen Hund“. Einen Tag nach dem fehlgeschlagenen Bombenattentat auf Adolf Hitler, nahm sich von Tresckow an der Ostfront das Leben. Andere Potsdamer Widerständler, die nicht den Freitod wählten und sich vor dem Volksgerichtshof verantworten mussten, zeigt Angelika von Stocki bei diesem erniedrigenden Procedere. Jeder Mensch brauche die Einsicht in die „inneren Kämpfe, Spannungen und das Verantwortungsbewusstsein“, von denen die Offiziere des 20. Juli sich bewegen ließen, erklärte Richard von Weizsäcker in seiner Eröffnungsrede. Genau diese könne die kleine Ausstellung „Menschen in der Verantwortung“ leisten, durch die sich von Weizsäcker im Anschluss an die Festlichkeiten von Angelika von Stocki führen ließ. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hofft, dass die Ausstellung viele Menschen, vor allem auch Schulklassen, erreicht. Denn nur so könne das einseitige Bild von der Garnisonkirche beseitigt und die „schlummernde Bereitschaft in der Bevölkerung“ zu Wiederaufbau geweckt werden. Auch Bertram Althausen, Superintendent der Evangelischen Kirche in Potsdam, betonte die Wichtigkeit der Ausstellung und die damit verbundene verstärkte Auseinandersetzung mit der Garnisonkirche. Denn hier „kristallisieren sich die Widersprüche deutscher Geschichte“. Sei dieser durch den Tag von Potsdam „so belastete Ort“ aber auch ein Manifest von Glauben und Werten, wie es die Männer des 20. Juli in ihrem Widerstand zeigten.

Dirk Becker

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