Links und rechts der Langen Brücke: Ein Ort zum Streiten
Guido Berg sagt, die Garnisonkirche böte ihren Gegnern ein gutes Forum
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Die Argumente gegen den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche sind auch Gründe für deren Wiederaufbau. Was zunächst wie überzogene Dialektik klingt, hat einen rationalen Kern, der sich mit einer simplen Frage erschließen lässt. Es ist die Frage nach dem Anlass für die Kritik gegen die ehemalige preußische Militärkirche. Warum hören so viele die Argumente, warum setzen sich so viele Potsdamer mit ihnen auseinander? Die Antwort: Weil es das umstrittene Wiederaufbauprojekt gibt. Ansonsten würden die preußenskeptischen Argumente nur in Hinterzimmern diskutiert oder in geschichtswissenschaftlichen Vierteljahresschriften publiziert – quasi ohne Breitenwirkung. Erst das Garnisonkirchen-Projekt schafft eine Öffentlichkeit für seine Gegner. Wie wird das erst sein, wenn die Kirche wieder steht? Wenn sie, wie angekündigt, ein Ort der Debatten über Geschichte, Widerstand, Zivilcourage, Frieden und Versöhnung und vielleicht sogar Zukunft ist? Kann es einen besseren Ort zum Streiten geben, als die Garnisonkirche, die ihrer problematischen Geschichte wegen stark, wirksam und zurecht polarisiert? Die die gefährliche Konsenssoße zuverlässig in ihre Bestandteile trennt? Die Garnisonkirche könnte ein Katalysator für notwendige Diskurse sein; ein Mahnstachel im Fleisch der bürgerlichen Gesellschaft, die all zu gern ihre Abgründe vergisst. Gegner und Kritiker von Garnisonkirche, Preußentum, Militarismus und Krieg sollten erkennen, dass sie mit dem wiederauferstandenen Kirchenbau ein Forum für ihre Positionen und Ideen bekommen werden, das sie bisher nicht haben. Wer kennt ein Gebäude, dass noch intensiver für die unheilvolle deutsche Geschichte steht als die Garnisonkirche? Als Friedens- und Versöhnungskirche könnte sie sogar für heilvolle deutsche Geschichte stehen.
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