zum Hauptinhalt
Ostmoderne: Das Haus des Reisens soll abgerissen werden.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: „Ein ostmodernes Haus“

Es mehren sich Stimmen gegen den für Juli dieses Jahres geplanten Abriss des „Hauses des Reisens“

Stand:

Innenstadt - Das „Haus des Reisens“ sollte als Bauwerk der „Ostmoderne“ erhalten bleiben: Es mehren sich die Stimmen derer, die sich gegen geplanten Abriss des Neungeschossers aus DDR-Zeiten aussprechen. Wie berichtet, will die städtische Pro Potsdam GmbH das 1968/69 nach Plänen des Architekten Dietrich Schreiner erbaute Hochhaus an der Friedrich-Ebert-Straße / Ecke Yorckstraße in Kürze abtragen lassen und durch einen fünfgeschossigen Neubau ersetzen. Allerdings war der vorgestellte Entwurf für den Ersatzbau durchgefallen. Die Pro Potsdam GmbH wurde beauftragt, den Entwurf überarbeiten zu lassen.

Nun wird deutlich, dass auch für den Abriss des Neungeschossers keineswegs Konsens besteht: Der Berliner Architekturkritiker Jürgen Tietz nennt den Plattenbau „eine markante städtebauliche Dominante in der Innenstadt“. Es handele sich um einen „nicht-typischen Plattenbau“, der über „eine interessante Fassade verfügt“, verstärkt durch „die skulpturale Wirkung der Plastiken“. Der Bau stehe für die zeitgenössische Architektur Ende der 1960er Jahre; „diese Zeitschicht droht ins Hintertreffen zu geraten“, sagte Tietz den PNN. Der Autor mehrerer Architektur-Bücher sprach sich gegen das „barockelnde Tümeln“ in Potsdam aus. Der Barock habe in Potsdam „so eine Dichte und Qualität“, dass sie so einen Ausbruch, wie es das Haus darstelle, vertrage. Tietz: „Die barocke Struktur hält das aus.“ Eine Abrissnotwendigkeit sehe er nicht. Die Potsdamer Designerin Beate Ecke lobt den „sehr modernen Ausdruck“, die „sehr klare Form“ des Hauses, die Entrée-Halle sei „wie an Mies van der Rohe angelehnt“, es sei „ein ostmodernes Haus“. Auch der Sprecher der Brandenburgischen Architektenkammer, der freie Journalist Reinhard Jung, hält das Haus für „außerordentlich urban und gut gestaltet" und bedauert, dass es nicht unter Denkmalschutz steht. Er wisse, dass viele Potsdamer Architekten so denken würden wie er: „Ich kenne viele Architekten in Potsdam, die diesen Abriss sehr kritisch sehen, aber keiner, der im Geschäft bleiben will, kann es sich leisten, dagegen den Mund aufzumachen.“ Pro Potsdam ließ gestern mitteilen, die Öffentlichkeit werde „zu gegebener Zeit“ über den Abrisstermin informiert. Lutz Boede (Die Andere) hat indes Einsicht in den Abrissantrag genommen. Demnach will Pro Potsdam am 1. Juli mit dem Abriss beginnen. Mit dem letzten Mieter im Haus verhandele die Pro Potsdam derzeit über einen Auszug. Guido Berg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })