Homepage: Ein Pilz in der Blüte
Pflanze des Monats: Die Baum-Osterluzei kommuniziert in täuschender Absicht mit Pilzmücken und lockt sie in eine Falle
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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam wachsen zahlreiche exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.
Die große Vielfalt der Blütenpflanzen beruht ganz wesentlich auf den mannigfaltigen Möglichkeiten, wie Blüten und ihre Bestäuber miteinander in Wechselwirkung treten können. Klassischerweise bietet die Blüte eine essbare „Belohnung“ (Nektar, Pollen) und erhält dafür den „Service“ der Bestäubung. Für den Erfolg ist Kommmunikation nötig: Die Blüte sendet Signale (Aussehen, Duft), die der Besucher erkennt und worauf er entsprechend reagiert. Bei Täuschblumen gibt es einen dritten Partner. Die Signale der Blüte simulieren ihn nur und stellen dem Besucher eine Belohnung in Aussicht, die er am Ende vergeblich sucht. Sein Verhalten führt für ihn also nicht zum Erfolg, für die Blüte aber sehr wohl.
Die Baum-Osterluzei (Aristolochia arborea) kommuniziert in derart täuschender Absicht mit Pilzmücken, deren Larven sich von Pilzgewebe ernähren (oft zum Verdruss des Pilzkenners, aber das ist eine andere Geschichte). Eine Pilzattrappe mitten in der rotbraunen, weiß markierten Blüte täuscht trächtigen Pilzmückenweibchen einen Platz zur Eiablage vor. Tatsächlich befindet sich hinter der Attrappe der Eingang zur Blütenröhre, die als Kesselfalle ausgebildet ist. Ganz hinten, wo sich Narbe und Staubblätter befinden, hat sie eine durchscheinende Stelle, die den Mücken einen Ausgang vortäuscht (also schon die zweite Täuschung). Dort sollen sie den hoffentlich mitgebrachten Pollen deponieren und sich dann mit neuem Pollen beladen. Nach erfolgter Bestäubung welkt die Blüte und fällt ab, sodass die Mücken wieder ins Freie gelangen. Das ist wichtig, schließlich müssen sie sich von mindestens zwei Blüten nacheinander hereinlegen lassen, damit die erwünschte Bestäubung erfolgt.
Solche auf Nachahmung beruhende Täuschungssysteme werden als Mimikry bezeichnet. Evolutionstheoretisch sind sie sehr interessant, weil sie ein Evolutionsziel – das Vorbild – vorgeben. Darauf wies bereits Darwin hin. Ansonsten ist die Evolution bekanntlich ein nicht zielgerichteter Optimierungsprozess nach dem Motto „Was geht, geht“. Die Baum-Osterluzei ist auf dem Weg zu diesem Ziel bereits recht weit vorangeschritten: Der Pilzkenner kann in der Blüte ohne weiteres einen Vertreter der Schwindlinge (Gattung Marasmius) erkennen. An der Hutunterseite hat er sogar Lamellen.
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