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Aus dem GERICHTSSAAL: Ein Polizeibeamter als Verkehrsrowdy?

Verteidiger: Jeder Fahrer der 2274 zugelassenen silbergrauen Mitsubishi könnte der Täter sein / Freispruch

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Aus dem GERICHTSSAALVerteidiger: Jeder Fahrer der 2274 zugelassenen silbergrauen Mitsubishi könnte der Täter sein / Freispruch „Wir bestreiten ja gar nicht, dass es den Vorfall gegeben hat. Wir wehren uns aber dagegen, einen Unbescholtenen zum Sündenbock zu stempeln“, erklärt der Verteidiger zu Prozessbeginn. „Es gibt allein 2274 zugelassene silbergraue Mitsubishi in unserem Land. Theoretisch könnte jeder dieser Fahrer den Unfall verursacht haben.“ Die Staatsanwaltschaft klagte allerdings den Polizeibeamten Lars L. (40, Name geändert) an, am Nachmittag des 22. Oktober 2004 am Autobahndreieck Potsdam mit seinem Mitsubishi einen Transporter zuerst bedrängt und ihn dann rücksichtslos überholt zu haben. Anschließend soll er dermaßen kurz vor dem Kleinlaster eingeschert sein, dass dessen Fahrer zu einer Vollbremsung gezwungen wurde, dabei die Kontrolle über den Wagen verlor und in die Leitplanke krachte. Sachschaden: 4000 Euro. Obwohl Lars L. das Unglück bemerkt haben soll, sei er ungerührt weitergefahren. „Ich bin mir keiner Schuld bewusst“, beteuert der Polizist auf der Anklagebank. Es stimme zwar, dass er auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstelle im Kanzleramt täglich an der besagten Stelle vorbei müsse. „Aber ich habe niemanden genötigt oder gar Fahrerflucht begangen.“ Der Verteidiger wirft ein: „Mein Mandant ist gehalten, Recht und Ordnung durchzusetzen. Wird er jetzt auf Grund von Indizien verurteilt, ist es Essig mit seiner bevorstehenden Beförderung.“ Die Indizien indes stehen auf wackligen Füßen. Die Insassen des Transporters erkannten bei dem waghalsigen Überholmanöver lediglich die Buchstabenkombination des Kennzeichens. Am Steuer des Mitsubishi – da sind sie sicher – saß ein dunkelhaariger Mann in Zivil mit einer großen Sonnenbrille. Die Rechtsanwältin eines der Unfallopfer, die Akteneinsicht nahm, zeigte ihnen ein Foto des Angeklagten. Daraufhin waren sich sowohl der Fahrer des Kleinlasters als auch dessen Beifahrer einig: Das ist der Verkehrsrowdy. Prompt identifizierten sie Lars L. bei der Wahllichtbildvorlage der Polizei als Täter. Und auch im Gerichtssaal haben sie keine Zweifel, dem Unfallverursacher gegenüberzusitzen. „Die Frage ist, ob der Angeklagte von den Zeugen heute zweifelsfrei wiedererkannt werden kann“, betont der Staatsanwalt. „Ich habe – ehrlich gesagt – Probleme, mir vorzustellen, dass Fahrer und Beifahrer des Transporters von ihrer erhöhten Sitzposition aus einen ungehinderten Blick auf den Fahrer des Mitsubishi hatten.“ Der Anwalt von Lars L. versichert: „Es ist ausgeschlossen, bei Tempo 120 – so schnell soll der Mitsubishi-Fahrer den Transporter ja überholt haben – jemanden zweifelsfrei wiederzuerkennen.“ „Die Zeugen waren durch den Faux pas der Anwaltskollegin vorgeprägt, die Wahllichtbildvorlage der Polizei dadurch nicht verwendbar“, befindet das Gericht. Freispruch für Lars L. Hoga

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