Landeshauptstadt: Ein Risiko für Raucher
Klinikums-Vortrag über Schließen offener Wunden
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Die Krankheitsbilder offener, chronischer Wunden sind nichts für zarte Gemüter: Da ist der 63-jährige Patient, dessen Operationswunde sich nach einer Herz-OP nicht mehr schließt und den Blick freilässt auf das schlagende Herz. Da ist die 70-jährige demenzkranke Patientin mit offenen Gesäß- und Rückenpartien, weil sie sich nach Pflegedefiziten wundgelegen hat. Wie sein mittlerweile aus acht Mitarbeitern bestehendes Team aus plastischen Chirurgen derartige Wunden operativ schließt, berichtete gestern in einem Vortrag Dr. Mojtaba Ghods, Chefarzt der Klinik für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Mikrochirurgie und Handchirurgie des Klinikums Ernst von Bergmann. Von den etwa jährlich 1000 Patienten seiner Klinik müsse etwa ein Drittel wegen chronischer Wunden behandelt werden.
Normalerweise schließt sich eine Wunde nach acht bis 14 Tagen von allein. Doch 2,5 Millionen Patienten in Deutschland leiden an Wunden, die selbst nach drei Monaten nicht verheilt sind. 400 000 Neuerkrankungen pro Jahr entfallen auf so genannte „Dekubitalulzera“, auf großflächige Wunden im Zuge einseitigen Liegens. Betroffen sind bettlägerige Patienten oder auch Alzheimer-Patienten, die den ganzen Tag auf einem Stuhl sitzen gelassen werden.
Zahlreiche individuelle Faktoren haben Einfluss auf den Heilungsprozess einer Wunde: Lebensalter, Ernährungsstatus, Zustand des Immunsystems, Begleiterkrankungen, die psychosoziale Situation. Bei Krebserkrankungen kann die Intensität einer Bestrahlung Einfluss haben. Wie Chefarzt Ghods erläuterte, erschwert eine Diabetes-Erkrankung oder auch das Rauchen die Wundheilung, wenn durch geschädigte oder verkalkte Gefäße die Wundversorgung mit frischem Blut behindert ist.
Die Beseitigung chronischer Wunden ist eine interdisziplinäre Herausforderung, erklärte Dr. Ghods. Die Behandlungen beginne oft mit der Gabe von Vitamintabletten; wichtig seien etwa die Vitamine C, A und E sowie Zink. Oft seien ältere Menschen nicht optimal ernährt. Diabetologen sind gefragt, um den Blutzucker-Status richtig einzustellen. Die Aufgabe der plastischen Chirurgie ist es, gereinigte Wunden operativ zu schließen, in dem Hautlappen von der Schulter oder dem Oberschenkel entnommen und auf die Wunde verpflanzt werden, um sie abzudecken. Dabei müssen Blutgefäße „dünn wie ein Haar“ unter dem Mikroskop wieder zusammengenäht werden, Dauer der OP: sechs bis acht Stunden. „Wir sind die einzige Abteilung im Land Brandenburg, die so etwas macht“, erklärte Chirurg Ghods. „In Berlin macht es noch mein alter Chef.“ Seit zweieinhalb Jahren ist Ghods in Potsdam, er machte bereits Schlagzeilen durch das Annähen bei Unfällen abgesägter Finger. Mittlerweile operiert Ghods große Defekte etwa nach Verkehrsunfällen. Entscheidend beim Kampf gegen offene Wunden bleibt dem Chefarzt zufolge die operative Nachsorge. „Die häusliche Pflege“, so Ghods, „muss verbessert werden.“ Guido Berg
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